Sagen und Märchen aus Ostgalizien und der Bukowina I

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Autor: Raimund Friedrich Kaindl
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Titel: Sagen und Märchen aus Ostgalizien und der Bukowina I
Untertitel:
aus: Zeitschrift für Volkskunde, 1. Jahrgang, S. 79–86
Herausgeber: Edmund Veckenstedt
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Alfred Dörffel
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Erscheinungsort: Leipzig
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[79]
Sagen und Märchen aus Ostgalizien und der Bukowina.
Mitgeteilt von
R. Kaindl.
5. Die Mühle des Teufels.
(Ruthenisch.)

In einem gewissen Dorfe lebte einstmals ein Bauer, welcher in allen Arbeiten träge und nachlässig war und darum schliesslich verarmte. Statt mit sich selbst unzufrieden zu sein, grollte er auf unseren Herrgott und rief den Teufel um Hilfe an.

Dieser Bauer ging eines Tages über das Feld und stiess in Gedanken und im Aerger über sein Missgeschick mit seinem Stocke ein Loch in den Boden nach dem andern. Alsobald quoll aus den Löchern Wasser empor und wuchs an, bis es sich einen Abfluss suchen musste, also dass ein Bach entstand. Als der Bauer das sah, staunte er über diesen Vorgang. Dann rief er: „Ein Bach ist da, wenn mir nun der Teufel nur auch noch eine Mühle dazu geben wollte, dann möchte ich ihm schon dienen.“

Kaum hatte der Bauer das gesagt, so war der Teufel zur Stelle. „Du sollst die Mühle haben“, redete er den Bauer an, „aber nur, wenn Du mir den zehnten Teil dessen giebst, was Du hier auf der Mühle erwirbst.“

Der Bauer war damit zufrieden und sagte: „Der Vertrag gilt.“ In demselben Augenblick war der Teufel verschwunden und eine Mühle stand an dem Bache, in deren Rad das Wasser lustig rauschte. Nun begab sich der Bauer in seine Mühle, und obschon er sonst nichts von dem Müllerhandwerk verstand, so wusste er doch jetzt alles, was er dazu nötig hatte, die Mühle im Gang zu halten und gutes Mehl zu mahlen. Da es nun in der Gegend an Mühlen fehlte, so kamen die Leute bald aus allen Gegenden herbei und liessen ihr Getreide dort mahlen. Mit dem Bauer war aber eine seltsame Veränderung vor sich gegangen. War er früher bequem und nachlässig gewesen, so war er jetzt die Thätigkeit selbst, dafür wurde er nun aber hart und geizig.

Als eine gewisse Zeit verflossen war, dachte der Teufel daran, [80] sich den Ertrag seiner Abmachung von dem Müller zu holen. Eines Tages stellte er sich auf der Mühle ein, aber nun leugnete der Bauer ganz und gar ab, je mit dem Teufel einen Vertrag geschlossen zu haben. Da wurde dieser wütend und sprach zornig zu dem Bauer: „Früher warst Du unserm Herrgott zu schlecht, deshalb hat er Dir nicht geholfen, als Du in Not warst, nun bist Du aber auch mir zu schlecht, denn Du hälst nicht einmal den Vertrag und bist doch reich geworden durch mich. Aber nun trifft Dich auch die Strafe.“

Alsobald verliess der Teufel die Mühle, und Mühle und Müller versanken in die Tiefe, nur der Bach verschwand nicht wieder, sondern bewässert noch heute die Fluren der dortigen Gegend; derselbe hat den Namen Wilchiwetz.

Wo einst die Mühle gestanden hat, da bildet der Fluss jetzt einen Wasserfall.


6. Der versunkene Meierhof.
(Slovakisch.)

Zwischen Solonetz und dem nächsten Orte lag früher ein Meierhof von stattlichem Aussehen, denn der Besitzer war reich und die Knechte hatten tüchtig bei ihm zu arbeiten. Sonst aber war der Mann roh und gefühllos, und wie der Herr, so waren die Knechte.

Nun geschah es einmal an einem Ostersonntag, dass der Priester aus Solonetz mit seinem Küster zu einem Kranken in die Nachbarschaft geholt wurden. Sie trugen das Allerheiligste mit sich. Nun war ihnen aber der Durst angekommen. Deshalb gingen sie auf den Meierhof, um von dem Meier einen Trunk Wasser zu erbitten. Sobald die rohen Knechte das Begehren der Bittenden gehört hatten, zogen sie den Priester und Küster zu dem nächsten Viehtrog und zwangen dieselben, daraus zu trinken. Der Meier selbst liess nicht nur das alles ruhig geschehen, sondern befahl auch noch, dass die Hunde auf die heiligen Männer gehetzt würden. Mit Mühe kamen der Priester und der Küster lebendig wieder von dem Meierhof, aber es war ihnen doch gelungen, das Allerheiligste zu retten, obgleich sie an vielen Wunden heftig bluteten.

Bald aber sollte die rohen Menschen auf dem Meierhof ihr Schicksal ereilen. Der Himmel schwärzte sich nämlich, ein furchtbares Gewitter stieg auf, die Donner rollten, ein Blitz schlug in den Meierhof ein, und als dieser kaum niedergebrannt war, da ergoss sich der Regen in Strömen auf die Stätte hernieder und es entstand ein tiefer Teich an der Stelle, wo einst das Gehöft gestanden hatte.

In diesem Teiche schwimmen die bösen Menschen aus dem Meierhof als Fische herum, die Hunde aber als Kröten.


7. Der Brunnen und die drei Tannen.
(Slovakisch.)

In Alt-Solonetz lebte einstmals ein Ehepaar, das sich gar schlecht [81] vertrug. Trotzdem der Mann und die Frau drei Kinder aus ihrer Ehe hatten, zankte der Mann um jede Kleinigkeit mit seiner Frau, die aber blieb ihm kein Wort schuldig. Eines Tages war Zank und Streit ärger als je und dabei geriet der Mann in eine solche Wut, dass er seine Frau erschlug. Die That hatte sich auf einer Wiese zugetragen, wo Mann und Frau bei der Arbeit waren.

Die Frau wurde begraben und der Mann war nun allein mit den Kindern. Die Kinder waren noch klein, aber doch gingen sie täglich nach der Wiese, wo ihre Mutter den Tod gefunden hatte. Da setzten sie sich erst hin und weinten, und wenn sie sich ausgeweint hatten, dann vergassen sie ihren Schmerz und fingen an zu spielen, wie das die Kinder nun einmal thun. So waren sie auch einmal auf der Wiese, es war aber gerade an einem Sonntage. Da fingen die Kirchenglocken an zu läuten. Die Kinder falteten die Hände und beteten zu Gott für das Heil ihrer Mutter. Als sie noch beteten, war plötzlich die Mutter bei ihren Kindern und liebkoste dieselben. Die Freude derselben war grenzenlos. Aber plötzlich geschah etwas seltsames. Der Boden, auf welchem sich Mutter und Kinder befanden, begann sich zu senken und alle vier verschwanden in der Tiefe. Aber als die Leute aus der Kirche kamen, war mit dem Orte eine seltsame Veränderung vorgegangen; an der Stelle, wo die Mutter mit ihren Kindern versunken war, befand sich ein Brunnen mit reichlichem Wasser und um diesen standen drei Tannen im Schmuck ihrer grünen Nadeln.


8. Rollerbselein.
(Galizisch.)

Irgendwo und irgendwo im grossen, grünem Urwalde, welchen die Gewässer der Bistritza durchströmen, lebte ein Bauer mit seinem Weibe. Die Frau hatte ihren Mann mit sechs kräftigen Jungen beschenkt und dazu mit einem rosigen Töchterlein.

Allgemach waren die Kinder herangewachsen, die sechs Söhne arbeiteten auf dem Felde, die Schwester musste ihnen des Mittags das Essen zutragen. Aber im Walde ist kein Feld, und wenn die Söhne die Bäume niederschlugen und verbrannten, so blieben die Stämme und Wurzeln zurück, und es war gar mühselig, auf diesem Felde etwas zu bestellen. Solange der alte Bauer lebte, zwang er seine Söhne bei dieser Arbeit im Walde zu bleiben, aber als er gestorben war, da wurde alles anders. Die Söhne hatten einmal gehört, das weit fort, jenseits des Waldes, breite Wiesenflächen wären, die man nur umzubrechen brauche, um dort den schönsten Acker zu haben. Kaum hatten sie ihren Vater begraben, so beschlossen sie, die Arbeit im Walde aufzugeben. Nun aber wussten sie nicht, ob ihre Schwester den Weg zu ihnen finden würde, wenn sie soweit weg wären und ohne zu essen konnten sie doch nicht leben. Da kam einer von ihnen auf den klugen Gedanken, man müsse eine Furche ziehen, von dem Hause aus bis an die Stelle, wo sie arbeiten würden, dann würde ihre Schwester [82] den Weg finden, mitten durch den grossen Wald. Gesagt, gethan. Am nächsten Morgen schirrten die Brüder die beiden Ochsen an und zogen mit dem Pflug eine Furche, quer durch den Wald, bis sie dahin kamen, wo der Wald zu Ende war. Da lag eine breite Wiesenfläche vor ihnen, welche sich trefflich zur Bestellung eignete. Die Brüder gingen an die Arbeit, brachen den Rasen um, zogen die Egge über die Schollen und merkten erst an dem Hunger, welchen sie endlich hatten, dass es Essenszeit sei. Sie warteten auf ihr Schwesterlein, allein soviel sie auch warten und ausspähen mochten, dieselbe kam nicht. Wo aber blieb dieselbe? Die Furche war doch da? Das werden wir alles gleich hören.

Der Teufel hatte in dem grossen Urwalde sein Schloss, und wenn es ihm darin zu langweilig wurde, so ging er aus und schaute sich um, ob er Jemand einen Streich spielen, oder etwas erwischen könne, was für ihn wäre. Da sah er nun die Furche im Walde. Ei, dachte er, was mag das sein? Wie wäre es, wenn ich diese Furche verwischte und genau eben solch eine Furche nach meinem Schlosse ziehen würde? Da könnte ich ja bald sehen, was das zu bedeuten hat.

Richtig, der Teufel ging an die Arbeit. Bald war die alte Furche verwischt und die neue gezogen, denn wenn der Teufel erst einmal anfängt zu arbeiten, dann geht das schnell vorwärts, aber gern arbeitet er nicht. Als nun die Schwester mit dem Essen sich aufgemacht hatte und der Furche folgte, wie ihr die Brüder gesagt hatten, da kam sie denn auch richtig nicht zu ihren Brüdern, sondern an das Schloss des Teufels. Die Furche führte aber gerade in das Schloss hinein und das junge Mädchen hatte doch den Auftrag, immer der Furche zu folgen. Ein klein wenig neugierig mochte das Mädchen wohl auch sein, wie es in solch einem Schlosse aussehe, denn da war doch alles sicher ganz anders, wie in dem kleinen Häuschen am Walde, in welchem sie wohnte. Hinein kam die Schwester nun wohl in das Schloss, aber sie kam nicht wieder heraus, denn der Teufel behielt sie bei sich und sie wurde seine Frau, weil sie es musste.

Wie es ihr weiter ergangen ist, das werden wir auch noch erfahren, jetzt sehen wir uns wieder nach ihren Brüdern um.

Die Brüder wurden immer hungriger, als das Essen nicht kam; als alles Warten nichts half, ein hungriger Mensch aber nicht arbeiten kann, so zogen die sechs Brüder heim. Sie waren gar zornig über ihre Schwester, dass dieselbe nicht gekommen war, aber ihr Zorn verwandelte sich in einen grossen Schreck, als sie hörten, dass ihre Schwester mit dem Essen zur rechten Zeit fortgegangen wäre. „Gut, sagten sie, dann werden wir sie suchen.“

Ihre Mutter musste ihnen nun erst noch einmal ein tüchtiges Essen kochen, dann zogen die sechs Brüder in die weite Welt hinaus. Aber wo sie auch hinkamen und wo sie auch suchten, sie fanden ihre Schwester nirgends. So waren sie ganz trostlos eines Tages nach Hause zurück gekehrt. Da fiel ihnen ein, dass sie noch gar nicht versucht hatten, der Furche nachzugehen, von der sie bei ihrem Suchen gemerkt hatten, dass dieselbe von einer gewissen Stelle im Walde aus ihre Richtung [83] geändert hatte. War das durch den Wind geschehen, oder durch das Wasser und den Wind? Das wussten sie nicht und darum wollten sie es nun sehen. So zogen sie denn aus und kamen auch richtig an das Schloss des Teufels. Sie traten ein und fanden ihre Schwester in einem gar schönen Gemache bei dem Teufel. Die Schwester freute sich sehr, ihre Brüder bei sich zu sehen, diese wollten mit ihrer Schwester alsobald von dannen ziehen, aber daraus wurde nichts, der Teufel war riesenstark und warf sie alle sechs in das Verliess des Schlosses. Da sassen sie nun drin und es ging ihnen jämmerlich schlecht, denn der Teufel warf ihnen nur soviel Essen in das Verliess hinab, als sie brauchten, um nicht zu verhungern.

Wie aber ging es zu Hause der Mutter? Der Mann war tot und die Tochter war fort und nun kamen auch die sechs Brüder nicht mehr zurück. Das war nun ein schlimmes Leben. Die Frau härmte sich ab und lebte gar kümmerlich; kaum dass sie sich noch satt essen konnte, denn sie war zu schwach, um ein ordentliches Stück Feld bebauen zu können. Deshalb suchte sie es sich so gut einzurichten als es ging und steckte möglichst viel Erbsen in die Erde, denn das machte die wenigste Mühe und die Erbsen trugen reichlich.

Eines Tages nun, als die Bauerfrau in die Stube kam, da sah sie auf dem Boden eine Erbse liegen. „Die soll mir nicht umkommen“, dachte sie bei sich, und hob die Erbse auf. Aber diese entglitt ihren Fingern, fiel auf den Boden und rollte davon. Die Frau hob die Erbse wieder auf, diese entfiel ihr wieder und rollte wieder davon, und so ging das noch einige male. Als die Frau aber die Erbse wieder erwischt hatte, da steckte sie dieselbe in den Mund und ass sie auf. „Du sollst mir nicht wieder entwischen“ sagte sie zu sich, und mit der Erbse war es nun aus.

Aber nun geschah etwas seltsames. Als die Zeit um war, bekam die Frau ein Knäblein, das sie Rollerbselein nannte, denn es stammte von der Erbse her, welche immer auf dem Boden in der Stube fort gerollt war. Aus dem Knäblein wurde bald ein kräftiger Junge, daraus ein schöner und starker Jüngling, an dem seine Mutter ihre Freude hatte. Als derselbe herangewachsen war, erzählte ihm seine Mutter alles, wie es sich mit seinen Geschwistern zugetragen habe, dass die Schwester fortgegangen und nicht wieder gekehrt wäre, und dass die sechs Brüder ausgezogen seien, um sie zu suchen, aber sicher den Heimweg nicht gefunden hätten, denn dieselben wären auch nicht wieder heimgekehrt. Da beschloss Rollerbselein, seine Geschwister aufzusuchen. Die Mutter sorgte wohl um ihr Kind, aber da ihr Sohn doch gar nicht auf die Weise entstanden war, wie andere Menschen, so meinte sie auch, es werde ihm anders ergehen, wie den anderen Menschen. Und darin sollte sie mit der Zeit recht bekommen.

Eines Tages zog Rollerbselein aus, bevor noch die Sonne am Himmel aufgestiegen war. Weit, weit musste er ziehen, in die Kreuz und in die Quere, bevor er an das Schloss kam, wo seine Geschwister waren. Als er endlich an dasselbe kam, da hatte es sich gerade zugetragen, dass der Teufel ausgegangen war. Rollerbselein trat in das [84] Schloss des Teufels ein und als er sich mit seiner Schwester bekannt gemacht hatte, welche ihm auch erzählte, dass ihre sechs Brüder sie einmal hätten befreien wollen und nun dafür in einem geheimen Kerker schmachten müssten, da überredete er sie leicht, dass sie ihm folgte. Aber der Teufel war zu früh wieder heimgekehrt. Kaum hatte er gemerkt, dass seine Frau nicht mehr im Schlosse war, so dachte er sich gleich, dieselbe würde geflohen sein. Er machte sich also gleich auf und verfolgte die Flüchtenden. Bald hatte er sie eingeholt, denn der Teufel ist schnell wie der Wind. Ohne Umstände führte er seine Frau wieder in das Schloss zurück, Rollerbselein aber liess er laufen, denn er war ihm lästig, noch für mehr Menschen in dem Verliess sorgen zu müssen.

Aber Rollerbselein wusste nun, wo seine Schwester war und es währte gar nicht lange, so machte er sich wieder auf den Weg, dieselbe zu befreien. Es glückte sich wieder, dass er den Teufel nicht in seinem Schlosse traf, als er dasselbe wieder erreicht hatte, und so machte er sich denn mit seiner Schwester alsobald auf die Flucht. Doch der Teufel kehrte auch dieses mal zu früh zurück, merkte die Flucht und eilte den Fliehenden nach. Wie der Blitz fuhr er auf Rollerbselein los, schmetterte ihn nieder, dass der ganze Körper in Stücke zerstob, ergriff sein Weib und führte dasselbe in das Schloss zurück.

Nun wäre es wohl mit Rollerbselein vorbei gewesen, wenn ihm nicht eine Hilfe gekommen wäre, voran Niemand gedacht hätte.

Es kam nämlich jetzt der Mann herbei, welcher die Sonne führt und lenkt. Das war ein schwarzer Mann, aber er war freundlich und gut. Als er das Unglück sah, welches der Teufel angerichtet hatte, da sammelte er die Gebeine des Toten, brachte sie in die rechte Lage, dann besprengte er sie mit dem Wasser, welches lebendig macht. Es währte auch nicht lange, so kam Rollerbselein zu sich und wurde wieder lebendig. Aber er war doch noch ganz schwach. Deshalb führte ihn der schwarze Mann zu einem Teiche. Wer aber in diesem Teiche sich badete, der wurde stark und fühlte Mut zu jeder That. Dies war derselbe Teich, zu welchem der schwarze Mann jeden Abend die Sonne führt, wenn sie müde und matt ist, um sie in dem Wasser desselben zu baden, damit sie am nächsten Morgen mit frischen Kräften ihre Reise wieder antreten kann.

Kaum war nun Rollerbselein in dieses Wasser hinabgestiegen, so wich alle Schwäche von ihm, und er wurde riesenstark. Dann gab ihm der schwarze Mann noch ein blitzendes Schwert und hiess ihn nun seine Geschwister aufsuchen und befreien. Mit dem Teufel werde er schon fertig werden.

Rollerbselein dankte dem schwarzen Manne, dann nahm er das Schwert und zog nach dem Schloss des Teufels. Diesmal war der Teufel zu Hause. Er empfing seinen Schwager und sagte ihm auch gleich, dass er wohl wisse, weshalb derselbe gekommen sei. Er sei bereit, mit ihm um seine Frau zu kämpfen. Dann fragte er ihn, ob der Kampf gleich beginnen sollte, oder ob sie sich erst noch durch Essen laben wollten. Rollerbselein sagte dem Teufel, es wäre ihm [85] gleich, ob sie noch ässen oder nicht. Der Teufel aber holte eine Schüssel mit Eisenkörnern herbei und verzehrte dieselben. Rollerbselein vermochte nichts davon zu essen. Nachdem sich der Teufel so gestärkt hatte, führte er seinen Schwager auf den Boden des Schlosses, wo der Kampf stattfinden solle; der Boden war aber ein Bleiboden.

Nun schritten sie zum Kampf. Der Teufel ergriff seinen Gegner, hob ihn in die Höhe und warf ihn darauf mit solcher Gewalt nieder, dass derselbe bis an die Knöchel in den Bleiboden einsank. Aber mit gewaltiger Kraft zog Rollerbselein seine Füsse aus dem Blei heraus, ergriff den Teufel, hob ihn in die Höhe, dann warf er den Teufel nieder, dass er bis an die Kniee im Blei versank. Als sich der Teufel wieder frei gemacht hatte, schleuderte er seinerseits Rollerbselein bis an das Knie hinein in das Blei. Aber Rollerbselein raffte sich auf und warf nun den Teufel mit solcher furchtbaren Kraft nieder, dass er bis an die Brust im Blei versank. Da konnte sich der Teufel nicht so leicht wieder heraus arbeiten. Schnell aber war Rollerbselein zu seinem Schwert gesprungen, hatte dasselbe ergriffen und wollte damit dem Teufel den Garaus machen. Dieser bat aber in seiner Angst für sein Leben dasjenige der sechs Brüder an. Da nun Rollerbselein gar nicht wusste, wo diese waren, ebenso seine Schwester ihren Kerker nicht kannte, so ging Rollerbselein auf den Vergleich ein.

Nachdem der Teufel sich wieder frei gearbeitet hatte, führte er auch Rollerbselein nach dem geheimen Verliess, in welchem seine Brüder schmachteten. Aber wie sahen dieselben aus! Das Zeug hing ihnen in Fetzen vom Leibe, und da der Teufel nur soviel Essen in das Verliess hinab geworfen hatte, dass sie nicht verhungerten, so waren die Brüder hinfällig und schwach, dass sie kaum stehen und gehen konnten. Rollerbselein wurde darüber wütend und wollte den Teufel dafür zu Leibe gehen, aber dieser sagte, er werde die Brüder wieder so gesund und kräftig machen, wie sie vorher gewesen waren, auch sollten sie die schönste neue Kleidung haben. Er führte seine Schwäger auch sogleich in ein Zimmer, wo sie die schönste Kleidung fanden. Dann ging der Teufel voran durch viele Zimmer im Schlosse: im siebenundzwanzigsten Zimmer standen zwei Kufen. Der Teufel sagte, wer das Wasser aus der einen Kufe trinke, der werde sehr stark, während das Wasser aus der anderen Kufe schwach mache. Aber der Teufel hatte die Kufen falsch angegeben; schon wollten die Brüder das Wasser aus der Kufe trinken, welches stark machen sollte, aber in Wirklichkeit das schwach machende Wasser enthielt, da kam die Schwester herbei geeilt. Dieselbe hatte an der Unruhe im Schlosse gemerkt, dass sich etwas besonderes zutragen müsse. Sie war von Zimmer zu Zimmer gelaufen und gerade noch zur rechten Zeit gekommen, um das Unheil zu verhüten, denn sie wusste um das Wasser Bescheid, weil sie dem Teufel öfter davon hatte holen müssen. Sie rief den Brüdern zu, von welchem Wasser sie trinken sollten. Diese thaten das und wurden nun ungeheuer stark. Da sie aber der Teufel hatte betrügen wollen, so wurden sie noch wütender auf den Teufel, als sie schon gewesen waren, fielen über denselben her und zwangen ihn, von dem Wasser [86] zu trinken, welches schwach macht. Darauf legten sie ihm Ketten an, dann schlugen sie den Teufel tot.

Nun erst feierten sie das Fest des Wiedersehens und der Befreiung. Die sechs Brüder herzten und küssten ihren jüngsten Bruder, nachdem sie von ihrer Schwester erfahren hatten, wer er war und dass sie demselben allein ihre Rettung verdankten. Dann führte die Schwester die sieben Brüder durch alle Zimmer des Schlosses. Da fanden sich gar viele Schätze, welche der Teufel in seinem Zauberschloss aufgehäuft hatte. Die Brüder nahmen davon, soviel sie zu tragen vermochten, und da sie durch das Trinken des Wassers aus der Kufe riesenstark geworden waren, so waren das der Schätze nicht wenig. Damit machten sie sich dann auf und kehrten heim zu ihrem Mütterlein. Das war nun erst eine Freude, als alle wieder bei ihrer Mutter waren!

Mit der Not war es nun vorbei, wie mit dem Herumziehen im Lande und der Arbeit auf dem fernen Acker hinter dem grossen Urwalde. Aber auch heute noch sieht man in demselben die Furche, welche der Teufel dort gezogen hat.

Anmerkungen (Wikisource)

Die Sagen und das Märchen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:

  1. Die Mühle des Teufels
  2. Der versunkene Meierhof
  3. Der Brunnen und die drei Tannen
  4. Rollerbselein