Seite:Adler - Die berühmten Frauen der französischen Revolution - 230.jpg

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Sie konnte an Gott nicht weiter glauben, da die Welt voll von Unglücklichen und Notleidenden war.

Sophie war mit ihren Eltern in Paris zu Besuch gewesen, dort hatten sie in einem der Salons die Bekanntschaft Condorcets gemacht. Die Eltern luden ihn auf ihr Gut nach Vilette ein. Er verbrachte bald darauf einige Wochen daselbst, er war von Sophiens Schönheit und Geist ganz bezaubert, er bewunderte ihren edlen Charakter, ihren geraden Sinn, ihre starke Seele.

Sophie und Condorcet hatten viele gemeinsame Gedanken und Leidenschaften. Beide glichen sich in der Herzensgrossmut und dem geistigen Enthusiasmus. Der Philosoph gab sich früher darüber Rechenschaft als das junge Mädchen; er war von ihrer Anmut und ihrer ernsten Veranlagung lebhaft hingerissen und hielt um ihre Hand an, die ihm freudig zugesagt wurde.

In der Gesellschaft verwunderte man sich sehr über diese Heirat. Condorcet war 43 Jahre alt und Sophie bloss 22. Aber die Schönheit, die Anmut und der Geist Sophiens besiegten alle Vorurteile. Die Mutter La Roche Foucaulds z. B. sagte zu Condorcet, als sie Sophie kennen lernte: „Wir verzeihen Ihnen.“ Condorcet war derart von seiner Leidenschaft hingerissen, dass er keine Mitgift annehmen wollte. Am 28. Dezember 1786 fand die Trauung im Schlosse von Vilette statt.

Das Ehepaar bezog das Hotel des Monnaies am Quai-Conti. Es war dies Condorcets Geburtshaus, das schon seinen Eltern gehört hatte. Die junge Frau stand mehrere Jahre hindurch dem letzten Salon des französischen Geistes vor. Condorcet war schüchtern, argwöhnisch, scheu, seine Frau zog ihn in den Wirbel des Gesellschaftslebens und ihretwegen überwand er seine Schwächen.

Berühmte Freunde, die nach Paris kamen, verabsäumten nicht, der Ehre teilhaftig zu werden, Condorcet und seiner Frau vorgestellt zu werden. Wenn auch die verhängnisvolle Stunde von 1789 noch nicht geschlagen hatte, so hatte