Seite:Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III.djvu/39

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Burkersdorf.


Burkersdorf liegt in dem schönsten Theile der Oberlausitz, eine Stunde von der Böhmischen und ebensoweit von der Preussischen Grenze entfernt. Von den Fenstern des stattlichen Schlosses überschaut man die malerischen Gruppen der Böhmischen Gebirgskette, abwechselnd mit dunklen Waldungen und üppigen Wiesen, fruchtbaren Feldern und Pflanzungen, zwischen denen die stattlichen Thürme und freundlichen Häuser vieler Ortschaften der Landschaft den Ausdruck heiterer Gemüthlichkeit verleihen. Im Westen grenzt Burkersdorf mit den ehemals Gräflich Zinzendorfschen, jetzt der Brüdergemeinde zu Herrnhuth gehörigen Gütern, und im Osten raint es mit den Besitzungen des Cisterziensernonnenklosters Marienthal, welches den schönsten Punkt des an romantischen Punkten so reichen Neissethals bildet. Das Rittergut zeichnet sich grösstentheils durch neue und massive Gebäude aus, enthält nebst dem Vorwerk Oberburkersdorf 926 Acker Areal, beträchtliche Fischerei, vorzüglichen Holzbestand, Brauerei, Brennerei und Ziegelei, und übt das Patronat über die Kirche. Die Zahl der Einwohner des Dorfes Burkersdorf beträgt 500 Seelen, welche sich mit Ackerbau und Weberei beschäftigen.

In den ältesten Zeiten gehörte Burkersdorf der Familie von Gersdorf, die es bis zum Jahre 1690 besass, wo das Gut Adolf Ferdinand von Löben auf Schwerta und Volkersdorf erkaufte, von dem es an dessen Schwiegersohn den nachmals berühmten Grafen Moritz von Sachsen gelangte. Der Abbè Perau erzählt in seinen „Reveries, ouvrage posthume de M. Comte de Saxe“ über des Grafen seltsamen Ehestand folgendes: Während der Winterruhe (1712–1713) entschloss sich Frau von Königsmark, ihren Sohn, den Grafen von Sachsen, zu vermählen. Derselbe war 1696 geboren, und folglich sechzehn Jahre alt. Der Graf, seine Zeit zwischen Waffendienst und Galanterie theilend, zeigte wenig Neigung für eine bestimmte Verbindung und sprach seine Abneigung unverhohlen aus. Doch Jugendreize, Stand und Reichthum des Fräuleins Victoria von Löben, welche ihm seine Mutter erkoren, schienen seine Unbeständigkeit zu besiegen, und er wurde ganz gewonnen, als er hörte, dass seine Zukünftige Victoria hiess, ein für einen Krieger zu schmeichelhafter Name, der ihm keinen weiteren Widerspruch gestattete. Die Verbindung wurde mit einem des Dresdner Hofes würdigen Glanze vollzogen. Man hoffte, dass diese Vermählung für beide Theile sehr glücklich sein würde, doch bald folgte dem Liebesglück Abneigung und die Verbindung dauerte nicht lange.

Bei seiner Rückkehr von einem Feldzuge gegen die Türken fand Graf Moritz von Sachsen seine Gemahlin am Hofe. Die bisherige Trennung schien die Abneigung zu vermehren. Die Gräfin selbst trug viel dazu bei, durch unaufhörliche Vorwürfe über des Gemahls Untreue. Hierüber konnte sie sich nicht täuschen, der Graf von Sachsen war in dieser Hinsicht ohne Rückhalt, unfähig sich zu fixiren, liebte er beständigen Wechsel, und gab täglich neue Beweise der Unbeständigkeit. Vergeblich bemühte sich der König, eine Versöhnung der beiden Gatten zu ermitteln, auch die Frau von Königsmark, welche die Heirath gestiftet hatte, schlug sich ins Mittel: diese oft wiederholten Bemühungen bewirkten aber nur, dass der Graf seine Absicht aussprach, nach Frankreich zu gehen.

Der König von Polen hegte Bedenklichkeiten, deren Beseitigung dem Grafen Moritz wenig Mühe machte. Er wurde von dem Favoritminister unterstützt, welcher die Entfernung des Grafen vom Dresdner Hofe dringend wünschte, und daher den König für den Antrag zu stimmen suchte. Der letzte Einwurf des Königs betraf die Gräfin von Sachsen, er stellte dem Grafen vor, wie die Gemahlin nicht geneigt sein würde, ihm in das Ausland zu folgen, und der Eheherr entgegnete, dass er gar nicht beabsichtige ihr solche Anträge zu machen. Er nahm die Gelegenheit wahr, sich lebhaft über seine Abneigung auszusprechen und den König dringend zu bitten, ihm die Ergreifung der Massregeln, welche zu einer förmlichen Ehescheidung führten, zu gestatten. Der König ertheilte seine Erlaubniss, und der Graf zögerte nicht mit der Ausführung seiner Pläne. Schon hatte er geschickte Rechtsgelehrte Augsburgischer Confession, zu der er wie seine Gemahlin gehörte, befragt, doch nach den Gesetzen konnte die Ehescheidung nur durch Beweise des Ehebruchs von dem einen oder anderen Theile erfolgen. Auf der anderen Seite war der Ehebruch ein Capitalverbrechen, welches den Ueberführten der Todesstrafe unterwarf. Diese Schwierigkeit setzte den Grafen nicht in Verlegenheit, denn er war überzeugt, dass die Strafe nie an ihm vollzogen würde; es kam nur darauf an, die Einstimmung der Gräfin zu erlangen, damit die Richter die Scheidung aussprechen konnten. Er selbst unterzog sich, diese Schwierigkeiten zu beseitigen, indem er durch sein Benehmen ihr gleiche Abneigung gegen sich einflösste. In dieser Absicht besuchte er sie auf ihrem Landgute, und brachte sie durch unerhörten Eigensinn und übles Betragen