Seite:Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III.djvu/77

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der Herrschaft Seidenberg gewesen sind, lässt sich nicht erweisen, in der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts aber waren sie es, wie die vorhandenen Lehnsbriefe und die Landesverweisung eines Seidenbergischen Unterthanen es bestätigen. Obergerichtliche Handlungen standen erstlich dem Amte zu Seidenberg, später dem der Böhmischen Herrschaft Friedland zu und von der Zeit an wo die Standesherrschaft Seidenberg durch die Sächsische Regierung sequestrirt wurde, fanden dieselben in Reibersdorf statt, doch blieb Seidenberg immer der Ort wo die gesprochenen Urtheile zur Vollstreckung kamen. Ein Besitzer Giessmannsdorfs, Johann Wilhelm von Kyaw, hatte bereits im Jahre 1701 bei der verwittweten Obersthofmeisterin von Einsiedel auf Reibersdorf um die Befreiung von der Vasallenschaft nachgesucht, jedoch ohne Erfolg; erst 1750 gelang es dem damaligen Herrn auf Giessmannsdorf, Johann Ernst von Kyaw, den Reichsgrafen und Hofmarschall von Einsiedel gegen eine Zahlung von 8000 Thalern dahin zu bringen, dass er ihn mit seinen Gütern Oberullersdorf, Sommerau, Giessmannsdorf und dem Giessmanndorf’schen Antheil von Friedersdorf von der Lehnsverbindung mit Seidenberg frei und ledig sprach. Nach dieser Trennung trugen die vier Güter in hochnothpeinlichen Angelegenheiten gleiche Lasten und der Ort wo die Urtheile vollstreckt wurden war Oberullersdorf.

Einer der ältesten bekannten Besitzer Giessmannsdorfs ist Heinrich von Kyaw, der auch Hirschfelde, Oderwitz, Reibersdorf und Markersdorf besass und von 1395 bis 1460 lebte. Ihm folgte Adam von Kyaw auf Hirschfelde, Reichenau, Rosenthal und Giessmannsdorf, der 1488 mit Tode abging und zum Nachfolger Joachim von Kyaw hatte, dem auch Friedersdorf, Rosenthal und Seitgendorf gehörte. Wilrich von Kyaw erhielt die väterlichen Güter 1583, starb aber schon am 18. November 1599 und wurde wegen der furchtbaren Pest, die damals in der Gegend herrschte, nicht in die Kirche des inficirten Ortes Friedersdorf, wo die Seuche in kurzer Zeit hundertneunzig Menschen tödtete, sondern nach Türchau beerdigt. Giessmannsdorf blieb von der Seuche verschont und weil Friedersdorf von den Nachbarorten gänzlich abgeschlossen war, musste der Pfarrer zu Türchau in einem Saale des Giessmannsdorfer Schlosses den Gottesdienst verrichten. Nach Wilrichs von Kyaw Tode kam Giessmannsdorf an dessen unmündige Söhne Wilrich, Ernst und Joachim, die bis 1608 unter Vormundschaft ihrer Mutter, Joachims von Kyaw, Christophs von Kyaw, Melchiors von Wunss und Hansens von Nostiz standen, alsdann die Güter einige Jahre gemeinschaftlich besassen und sie endlich dem ältesten Bruder Wilrich überliessen, dem 1615 für das Gut 10050 Thaler geboten wurden. Wilrich verschied am 18. Februar 1633 und Friedersdorf mit Giessmannsdorf wurden Eigenthum seiner beiden Söhne Joachim Ernst und Georg Adam von Kyaw, die beide Güter gemeinschaftlich bis 1638 verwalteten, wo am 1. März der jüngere Bruder starb. Joachim Ernst hatte 1658 die Absicht, Giessmannsdorf an Otto von Rumburg zu verkaufen, der Handel zerschlug sich aber und im Jahre 1667 verpachtete er Giessmannsdorf mit einem Antheile von Friedersdorf an seinen ältesten Sohn Johann Wilhelm, den anderen Theil von Friedersdorf aber an den zweiten Sohn Joachim Ernst. Joachim Ernst, der Vater, starb am 31. Juli 1670. Am 17. April 1668 gab der damalige Standesherr von Seidenberg seine Einwilligung zu der getroffenen brüderlichen Theilung, wodurch der Grund zu einer neuen Linie, Kyaw-Friedersdorf, gelegt wurde. Nach des Vaters Tode trat Johann Wilhelm von Kyaw, königlich Dänischer Rittmeister, als völliger Erbe in die Güter ein, unter dessen Herrschaft durch Verwahrlosung des Brauers Mehlreis eine Feuersbrunst auskam die ausser dem Schlosse und den Hofgebäuden auch vierzehn Häuser des Dorfes verzehrte. Bei diesem Unglücksfalle gingen die meisten auf den Ort bezüglichen Urkunden verloren, auch verbrannte dabei die zweijährige Tochter des Rittergutsbesitzers, Helene Adelgunde, deren Ueberreste man erst am nächsten Tage aus dem Schutte hervorzog. Das Feuer griff mit solcher Schnelligkeit um sich, dass die nachmalige Oberstin von Kanitz, des Rittmeisters Schwester, nichts retten konnte als – zwei Heerpauken ihres Bruders – welche sie später der neuerbauten Kirche zu Hennersdorf schenkte. Für die verunglückten Unterthanen setzte man den 2. Mai in Zittau und nachher auch an anderen Orten Becken vor den Kirchthüren aus, den Sonntag Jubilate aber feierte man bis zum Jahre 1745 als Brandfest. Von den älteren Hofgebäuden blieb nichts übrig als das 1680 erbaute hohe Rondel. Der Rittmeister Johann Wilhelm von Kyaw baute das noch jetzt stehende Schloss, nicht weit von der Stätte auf der das alte stand, und liess über dem Eingange die Inschrift anbringen: „Dieses Haus ward von Grund aus nebst der Hofrehte erbauet 1694 von Tit. Herrn Johann Wilhelm von Kyaw, Herrn über Giessmannsdorf und Friedersdorf, Rittmeister. Nachdem er 1682 Sonntag Jubilate durch eine entstandene Feuersbrunst im Mälzhause jämmerlich abgebrannt und alle das Seine nebst einem Töchterlein verloren“. Das neue schöne, fünf Etagen hohe Schloss enthielt zwei Gefängnisse, von denen eines der Storch genannt wurde. –

Der Rittmeister von Kyaw starb am 10. Januar 1709 und nach testamentarischer Verordnung erhielt die Güter seine Wittwe Johanne Sophie geborne von Ziegler und Klipphausen mit der Bedingung, dass bei der Mündigkeitserklärung ihrer zwei Söhne Rudolph Wilhelm und Johann Ernst diese um die Güter losen sollten. Im Jahre 1719 erreichte der jüngere Bruder sein einundzwanzigstes Jahr; die Mutter, welche für den jährlichen Pacht tausend Thaler gezahlt, Tratlau nebst dem Kirchlehn zu Nida und einen Theil von Reutnitz gekauft hatte, war jedoch schon 1717 mit Tode abgegangen, worauf der ältere Bruder die Vormundschaft des jüngeren übernahm, 1718 mit ihm auf Reisen ging und 1719 zurückkehrte. In diesem Jahre geschah die Theilung der Güter, wobei Tratlau Reutnitz und Nida an Rudolph Wilhelm, Giessmannsdorf und Friedersdorf aber an Johann Ernst von Kyaw gelangten, welcher Letztere am 24. März 1751 mit Tode abging und eine einzige Tochter Friederike Wilhelmine Charlotte hinterliess, die sich 1768 mit ihrem Vetter Ernst August Rudolph von Kyaw vermählte. Dieser Herr verkaufte Giessmannsdorf 1790 an den Amtshauptmann von Eicke für 77500 Thaler und dieser veräusserte das Gut wiederum an den Kaufmann Grusche aus Reichenau, welcher es kein volles Jahr besass, sondern dem Standesherrn auf Reibersdorf[WS 1] Georg Grafen von Einsiedel überliess. Im Jahre 1832 verkaufte

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Reibers-bersdorf
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1859, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/77&oldid=- (Version vom 31.7.2018)