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bis zu willkührlichen Erdichtungen den Zügel schiessen lassen. Die Gottheit ist in der Unendlichkeit des ganzen Weltraumes allenthalben gleich gegenwärtig; allenthalben wo Naturen seyn, welche fähig seyn, sich über die Abhängigkeit der Geschöpfe, zu der Gemeinschaft des höchsten Wesens, empor zu schwingen, befindet es sich gleich nahe. Die ganze Schöpfung ist von ihren Kräften durchdrungen, aber nur derjenige, der sich von dem Geschöpfe zu befreyen weiß, welcher so edel ist, einzusehen, daß in dem Genusse dieser Urquelle der Vollkommenheit die höchste Staffell der Glückseligkeit einzig und allein zu suchen, der allein ist fähig, diesem wahren Beziehungspunkte aller Treflichkeit sich näher, als irgend etwas anders in der ganzen Natur, zu befinden. Indessen wenn ich, ohne an der enthusiastischen Vorstellung des Englländers Theil zu nehmen, von den verschiedenen Graden der Geisterwelt aus der physischen Beziehung ihrer Wohnplätze gegen den Mittelpunkt der Schöpfung, muthmassen soll, so wollte mit mehrer Wahrscheinlichkeit die vollkommensten Classen vernünftiger Wesen, weiter von diesem Mittelpunkte, als nahe bey demselben, suchen. Die Vollkommenheit mit Vernunft begabter Geschöpfe, in so weit sie von der Beschaffenheit der Materie abhänget, in deren Verbindung sie beschränket seyn, kommt gar sehr auf die Feinigkeit des Stoffes an, dessen Einfluß dieselbe zur Vorstellung der Welt und zur Gegenwirkung in dieselbe bestimmt. Die Trägheit und der Widerstand der Materie schränket die Freyheit der geistigen

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Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/205&oldid=- (Version vom 31.7.2018)