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der Bienen glichen so sehr den Symptomen der sogenannten Tollkrankheit, welche von bisher noch unbekannten Ursachen entstehen soll und in manchen Gegenden und Jahren die Bienenstöcke sehr herunterbringt, dass ich durchaus kein Bedenken finde, diese Krankheit mit der durch die Larven der Meloë variegatus hervorgebrachten zu identificiren. Etwas würde dagegen wohl sprechen, nämlich, dass der grösste Bienenzüchter unserer Zeit, der geniale, scharfsichtige Dzierzon an seinen Bienen nie Meloëlarven beobachtet hatte, während ihm die Toll- oder Maikrankheit der Bienen häufig vorgekommen ist. Dzierzon ist der Ansicht, dass die Tollkrankheit theilweise vom vergifteten Honig herrühre, den böswillige Bienenhalter den Bienen bei Raubanfällen vorsetzen. Aber auch die Natur selbst soll, seiner Ansicht nach, schädliche Blumensäfte spenden, namentlich gegen Ende der Baumblüthen, wenn der Apfelbaum und die Eberesche blühen, gehen alljährlich bald mehr, bald weniger Bienen an dieser Krankheit zu Grunde, vorzüglich die jungen Bienen, welche die Zellen vor Kurzem verlassen haben.[1] Die Krankheit wurde überhaupt seit lange[2] von vielen Bienenzüchtern beobachtet und als mehr oder weniger gefährlich geschildert. Die eigentliche Ursache konnte man aber, wie schon bemerkt, nicht ergründen. Es würde Manchem allerdings als gewagt erscheinen, wenn ich die Ansicht Dzierzons verwerfe und die Tollkrankheit von den Larven der Meloë variegatus Donow. ableite. Warum sollten aber nicht die Meloëlarven, zumal da sie sich so tief in die Bienen einbohren, dass man sie gar nicht bemerkt, und wenn im Bienenstock anwesend, diesen sehr bald verlassen, Dzierzons scharfem Blick entgangen sein? Gab es denn nicht genug scharfsichtige Beobachter, denen so manches Wichtige entging, was von minder scharfsichtigen nachgetragen wurde? Sind denn überhaupt die Meloëlarven, wie man das oben gesehen hat, nicht schon längst an den Bienen beobachtet worden? Aber die grosse Schädlichkeit derselben blieb bis auf Köpf 1857[3] unbekannt. Sollten denn aber wirklich die Meloëlarven nur im Jahre 1857 und zwar bei Köpf allein als den Bienen schädlich aufgetreten sein? Gewiss nicht! Es fehlte blos an sorgfältigen Beobachtungen. Gerade, dass meist die jungen Bienen der Tollkrankheit unterliegen, bestärkt mich noch mehr in meiner Ansicht, dass


  1. Bienenfreund aus Schlesien, pag 177. Nach ihm sollen an der Tollkrankheit im Jahre 1836 in ganz Schlesien alle jungen Bienen der Stöcke zu Grunde gegangen und so mancher Stock durch den Verlust an Bienen ganz ausgestorben sein.
  2. Sie war schon den Alten bekannt. Sie nannten sie Kraura und waren der Ansicht, dass sie wohl entstehe, wenn die Bienen Producte einsammeln, auf denen Mehlthau liegt. Namentlich soll sie in trocknen Jahren vorkommen. (Aristot. VIII. 27. IX. 40. 19.) Vergl. Magerstädt, Bilder aus der römischen Landwirthschaft. VI. pag. 207.
  3. Köpf, Bienenzeitung. Jahrgang XIV. pag. 191 und die Bestätigung seiner Beobachtung von von Siebold, ebendaselbst pag. 195.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Assmuss: Die Parasiten der Honigbiene und die durch dieselben bedingten Krankheiten dieses Insects. Ernst Schotte & Co., Berlin 1865, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Assmuss_parasiten_023.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)