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„Er ist nun bereits eine Stunde im Hinterschiff, “ nickte der Ingenieur mit einem Blick auf die an der Wand angeschraubte Uhr.

„Eine Stunde?! – Wahrhaftig! – Da muß ich doch –“ und schon war der Chemiker draußen in dem schmalen Gange, der nach der Vorratskammer führte und der auch einige kleinere Maschinen enthielt.

Kräwel stand gleichfalls auf. Auch er war unruhig geworden.

Dann suchten die beiden alten Freunde gemeinsam nach dem Verschwundenen, nachdem Seifert festgestellt hatte, daß eine Laterne, ein Pelzrock und eine Pelzmütze fehlten, was ja mit aller Bestimmtheit auf einen Aufenthalt des Knaben im Freien hindeutete.

Zwei Stunden lang war alles Rufen, alles Umherirren in dem Tale und auf den nächsten Gletschern umsonst. Aus Vorsicht hatten Seiffert und Kräwel sich untereinander durch eine starke Leine verbunden. Jeder trug eine Laterne und einen eisenbeschlagenen Bergstock. Dann entdeckte der Ingenieur, der mit vieler Geduld jetzt die wenigen Spuren verfolgt hatte, die von den Stiefeln des Knaben zurückgelassen waren, jenes runde Eisloch, das auf einige Entfernung wie ein dunkler Fleck aussah.

„Ich kenne doch viele Gletscher in allen Weltteilen, – so etwas wie diese Öffnung hier von so genau trichterförmiger Gestalt habe ich noch nirgends gesehen,“ meinte der Ingenieur kopfschüttelnd.

Die Freunde standen dicht am Rande des Trichters, fest auf die Bergstöcke sich stützend. Seiffert ließ den Lichtschein seiner Laterne über die glatte, feuchtschimmernde Wandung des Loches hingleiten.

„In der Tat eine ganz ungewöhnliche Erscheinung auf einem Gletscher,“ sagte er. „Du meinst also, Heinrich –“

Ein Ruf aus der Tiefe des Trichters machte ihn verstummen.

„Herr Seiffert – Herr Seiffert!“

Und jetzt flammte da unten in der Tiefe ein blendender Strahlenkegel auf.

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W. Belka: Auf dunklem Pfade. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Auf_dunklem_Pfade.pdf/18&oldid=- (Version vom 31.7.2018)