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Sagen vom Hausacher Schloße.


1.

Auf dem verfallenen Bergschloße bei Hausach liegt ein Schatz verborgen, wonach einmal Nachts von etlichen Bauern gegraben wurde. Schon sahen sie einen Kessel voll Geld vor sich, als im Dorfe die Betzeitglocke zu tönen begann. „Es läutet Betzeit, wir wollen beten, das Geld haben wir ja!“ – sprach nun Einer von ihnen. Augenblicklich versank der Kessel mit dem Geld in die Tiefe und die Schatzgräber mußten mit leeren Händen abziehen.


2.

Auf dem Schloße lassen sich in manchen Nächten gespenstige Lichter sehen. Von dort führte vor Zeiten nach dem „Klösterle“ im Thal ein unterirdischer Gang, worin ganz bequem eine Kutsche fahren konnte.

(Mitgetheilt von Bernhard Baader in Mone’s „Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit.“ Jahrg. 1887. S. 304.)


St. Gallus im Harmersbacher Thal.

Vor Alters, als das Harmersbacher Thal noch eine Wildniß war, wohnte darin der heilige Gallus als Einsiedler. Seine Hütte stand an einem Brunnen und nächst einer Dornhecke, aus welcher manchmal ein wunderschöner Gesang ertönte. Eines Tages kam zu dem Heiligen ein Bär dahergehinkt und hielt ihm mit Stöhnen seine Tatze hin, worin ein großer Dorn steckte. Gallus zog ihn geschickt heraus und nun führte ihn das dankbare Thier zu einem Felsen, wo er eine Menge wilden Honigs fand; auch wich es nicht mehr von seiner Seite, trug ihm Holz herbei und verrichtete sonstige häusliche Dienste[1].

Als der Andrang der Leute zu dem Heiligen zu sehr überhand nahm, zog er sich eine Stunde weiter in das Thal zurück, an den Ort, wo jetzt die ihm geweihte Pfarrkirche von Oberharmersbach steht. Aber auch hier entging er dem Zulaufe der frommen Menge nicht, weßhalb er sich mit seinem Bären in die


  1. Einerseits scheint dieser Zug der Legende vom heiligen Hieronymus nachgebildet, der ebenso einen Löwen heilte, anderseits ist es bemerkenswerth, daß der Bär das Wappenbild des Klosters St. Gallen war, von welchem auch die Städte St. Gallen und Appenzell den Bären in ihre Wappen aufnahmen. Diese Sage von Gallus und dem Bären scheint daher auch in der Schweiz bekannt gewesen.
    Mone.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 487. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_487.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)