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mit seinem ältesten Sohne der Feier beiwohnen werde, bitte es den Herzog von Geldern, sich ebenso mit seinem Erben einfinden zu wollen.

     Herzog Arnold antwortete ähnlich wie der Kurfürst von Köln, die Zeitverhältnisse seien leider so schlecht geworden, daß er bedauere, sein Wort zurücknehmen zu müssen. Er war mit dem Kölner Stuhl eng befreundet, dem er 1450 das Herzogthum Berg mit Blankenberg, Sinzig, Remagen und Ravensberg theils verkauft, theils geschenkt hatte, und wäre gerne nach Xanten gekommen, wenn er den Herzog von Cleve und den Erzbischof dort gefunden hätte, um dann seinen Einfluß zu einer besseren Versöhnung derselben geltend zu machen. Da der Erzbischof nicht kam, konnte er nicht nur nicht in friedlichem Sinne wirken, sondern hätte sich durch sein Erscheinen auch offen auf die Seite des Herzogs von Cleve gestellt.

     Der Absagebrief des gelderischen Herzoges beendete die Verhandlungen mit den geistlichen und weltlichen Fürsten. Von seiner Obrigkeit wandte das Kapitel sich jetzt an seine Untergebenen, bei denen es wenige Schwierigkeiten fand, weil die Fäden der Diplomatie und der Politik die Wege nicht versperrten. Fünf Dekanate waren dem Victorstifte mehr oder weniger untergeordnet: die von Xanten, Duisburg, Süchteln, Straelen und Nymwegen. Es erließ also an die Dechanten und Pfarrer der genannten Bezirke Einladungsschreiben, in denen ausgeführt wurde, wie in Anbetracht der Leiden, welche in der letzten Zeit die Christenheit heimgesucht hätten, beschlossen worden sei, sich an den hl. Victor und seine 330 Genossen zu wenden, um durch ihre Fürbitte bei Gott Gnade zu erlangen. Die Dechanten sollten also alle Pfarrer auffordern, am Montag nach Mariä Himmelfahrt ihre Gemeinden in Procession nach Xanten zu führen und dabei ihre Fahnen, Kreuze und Reliquien mitzubringen. Bis dahin sollten sie an allen Sonn- und Festtagen die Festlichkeit ankünden und das Volk zur Theilnahme einladen.

     Dann schickte der Dechant von Xanten noch einen Brief an die Pfarrer der Nachbarschaft, welche ihm unmittelbar untergeordnet waren, und forderte sie unter Androhung scharfer Strafen auf, sich persönlich beim Feste einzufinden und aus jedem Hause zum wenigsten eine Person mitzubringen[1]. Ferner wurde dem Vorsteher der Ordensprovinz der Minoriten, der in Köln residirte, mitgetheilt, nach altem Herkommen werde in diesem Sommer in Xanten eine Victortracht gehalten. Die 136 Pfarrer,

  1. * Heimeric. I fol. 21 und 24.
Empfohlene Zitierweise:
Stephan Beissel: Die Victortracht des Jahres 1464 In: Die Bauführung des Mittelalters. Studie über die Kirche des hl. Victor zu Xanten. Freiburg im Breisgau: Herder, 1889, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beissel_%E2%80%93_Die_Victortracht_des_Jahres_1464.djvu/11&oldid=- (Version vom 31.7.2018)