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Dies vorausgeschickt will ich es nunmehr versuchen, kurz auseinanderzusetzen, wie trefflich sich die Gleichförmigkeit der Bewegungen wahren läßt. Dabei schien es mir angezeigt, hier der Kürze halber die mathematischen Beweise zu übergehen. Diese sind einem größeren Werke vorbehalten. Die Größen der Bahnhalbmesser sollen jedoch hier bei der Erklärung der verschiedenen Kreise angegeben werden; mathematisch gebildete Leser werden dann leicht einsehen, wie bei dieser Zusammenstellung von Kreisbahnen Rechnung und Beobachtungen vorzüglich übereinstimmen.

Zugleich wird die Erklärung der verschiedenen Kreise den besten Beweis liefern, daß ich keineswegs in leichtfertiger Weise nach Art der Pythagoreer der Erde eine Bewegung zugeschrieben habe.[1] Alles was die Physiker auf den äußeren Schein gestützt, für die Unbeweglichkeit der Erde vorbringen, erweist sich hier zumal als nicht stichhaltig, da ich desselben Augenscheins wegen die Erdbewegung annehme.[2]


Ueber die Anordnung der Bahnen.[3]

Die Bahnen der Himmelskörper umschließen sich folgendermaßen. Zu oberst befindet sich das alles faßlich und räumlich umgebende, unbewegliche Gewölbe der Fixsterne; darunter befindet sich zunächst Saturn, dann Jupiter, darauf Mars; dann folgt unsere Erdbahn; hierauf die Bahn der Venus und endlich die des Merkur. Die Mondbahn umgiebt die Erde und wird mit dieser wie auf einem Epicykel (Nebenkreise) herumgeführt. In derselben Reihenfolge übertrifft ein Wandelstern den andern an Schnelligkeit der Fortbewegung; je nachdem die einzelnen größere oder kleinere Bahnen zu durchmessen haben. So kehren Saturn nach dreißig, Jupiter nach zwölf, Mars nach drei, die Erde nach einem Jahre


  1. Es bleibt auch im lateinischen Texte zweideutig, ob die Leichtfertigkeit auf Rechnung Pythagoras zu setzen. In der That stützte sich dessen Ansicht auf leichtfertige mysteriöse Gründe. – M. C. 68.
  2. Was uns die Sinne (physiologischen Eindrücke) über die Unbeweglichkeit der Erde sagen, wird im coppernicanischen Systeme durchaus berücksichtigt und gewahrt, ja sogar als Gegenbeweis verwerthet.
  3. Rev. l. 1. c. 10. Das betreffende Kapitel des Hauptwerkes trägt ebenfalls die Ueberschrift: „De ordine coelestium orbium.“
Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Copernicus, Adolf Müller (Übersetzer): Nicolai Coppernici de hypothesibus motuum coelestium a se constitutis commentariolus. J. A. Wichert, Braunsberg 1899, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Commentariolus_1899_German_Translation_Adolf_M%C3%BCller.djvu/6&oldid=- (Version vom 31.7.2018)