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Loggia XII.


Michel Angelo Buonarotti.




Michel Angelo Buonarotti, Sohn des Herrn Lodovico di Lionardo Buonarotti Simoni, aus der edeln Familie der Grafen Canossa, geb. am 6. März 1474, erlernte zuerst die Malerei bei Domenico und David Ghirlandajo, entwickelte bald in der Antikensammlung des Lorenzo Magnifico im Garten von S. Marco ein entschiedenes Talent für Bildhauerei und ward von diesem Fürsten ehrenvoll in sein Haus aufgenommen. Für Malerei machte er eingehende Studien nach den Fresken Masaccios in S. Maria del Carmine. Eine seiner frühesten Marmorarbeiten ist der kolossale David, der bis vor Kurzem vor dem öffentlichen Palast in Florenz aufgestellt war; seinen Ruhm aber begründete ein Carton, gezeichnet im Wetteifer mit Leonardo, in welchem er einen Ueberfall sich badender Florentiner durch die Pisaner mit bewundernswerther Kenntniss des menschlichen Körpers darstellte; seine bedeutendsten Malereien sind die Fresken aus dem Alten Testament nebst den Sibyllen und Propheten und dem Jüngsten Gericht in der Sixtinischen Capelle des Vaticans; und wenn man von ihm als Bildhauer spricht, denkt man an seinen Moses. Als Architekt bewährte er sich durch den Bau der Kuppel der Peterskirche. Er starb am 17. Febr. 1764 in Rom.

Dass Michel Angelo Maler, Bildhauer und Baumeister, und jedes in Vollkommenheit war, hat Cornelius in der

Kuppel (Tafel 23)

versinnbildlicht, indem er hier die drei Schwesterkünste in inniger Verbindung darstellt, wie Malerei und Bildhauerei sich die Hand reichen, und die Baukunst Beide umarmt.

Als er die Schöpfungsgeschichte an der Decke der Sixtinischen Capelle malte, hatte er, wie Vasari erzählt, einen schlimmen Handel mit Papst Julius. „Michel Angelo – sagt er – wollte niemals eine seiner Arbeiten (vor der Vollendung) sehen lassen, und hegte Argwohn gegen seine Diener, da er merkte, dass sie mehre Male, während er nicht bei der Arbeit war, Einem heimlich zeigten, was er ausführte. Einmal nun habe der Papst Michel Angelos Handlanger mit Geld bestochen, um die Malerei der Sixtinischen Capelle zu sehen; Michel Angelo, den Verrath merkend, habe sich verborgen gehalten, und nach dem Papst mit Brotstücken geworfen, ohne zu bedenken, gegen wen er seinen Zorn auslasse.“ Cornelius hat indess vorgezogen, Papst und Künstler noch vor dem Sturm uns zu zeigen.

Julius II. hatte bei Michel Angelo sein Grabmal bestellt, dem Programm nach eine der grossartigsten Kunstunternehmungen der Neuzeit. Nur wenige Figuren kamen zur Ausführung, darunter die colossale Gestalt eines Moses (die man jetzt in S. Pietro in vincoli in Rom sieht). Um, da der Tag von anderen Arbeiten eingenommen war, des Nachts am Moses meisseln zu können, hatte Michel Angelo eine Kopfbedeckung mit einer Vorrichtung erfunden, mit welcher er während der Arbeit bei jeder Bewegung und in jeder Stellung die Statue ohne Beihülfe beleuchten konnte – zur Verwunderung des Papstes, der ihn auf diese Weise thätig sah.

Zu Anstrengungen, wie dieser Künstler sich zumuthete, gehörte eine ungewöhnliche Kraft und Gesundheit. Er hatte sie in vollkommenem Maasse; und dafür wählte Cornelius die Allegorie der körperlichen Stärke, die auf

Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/46&oldid=- (Version vom 31.7.2018)