Seite:Cornelius Loggien-Bilder München.pdf/47

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

einem mächtigen Löwen sitzt, mit einer Säule im Arm, dem Symbol lasttragender Kraft, umgeben von zwei Genien, von denen der eine einen jungen Eichbaum, der andere eine Keule hält, deren Deutung wohl für Niemanden räthselhaft ist.

Aber körperliche Stärke allein reichte nicht hin zu den Kunstschöpfungen Michel Angelos; die Sphinx, im alten Aegypten das Symbol göttlicher Weisheit und geistiger Stärke, sehen wir in einem zweiten Bilde seine Göttin, die heilige Kunst, zu den Sternen tragen, begleitet vom Genius mit dem Zweig der goldenen Hesperidenfrüchte.

Nicht minder, als biblische Stoffe reizten ihn die heiteren Gestalten der Fabelwelt aus Land und Meer und selbst die unheimlichen Gebilde des Schattenreiches, wie sie Cornelius in den Ornamenten zwischen den Bildern untergebracht hat.

Deutlicher noch sehen wir in der

Lunette (Tafel 24)

es dargestellt, wie Michel Angelo dem Alterthum gleiche Berechtigung mit dem Christenthum auf seine Kunstthätigkeit zuerkannt hat. Denn während hier an der einen Seite die christliche Kunst, geschmückt mit der Dornenkrone, den Palmzweig der Märtyrer in der Rechten, gestützt auf die Bibel, den heiligen Klängen der Harfe des Psalmisten lauscht, hört auf der anderen Seite die antike Kunst auf die Lehren des Eros und der Psyche.

Die Mitte aber nimmt das Bild ein, das uns Michel Angelo als Baumeister neben seinem Modell zur Peterskuppel zeigt, in einem aus antiken Ornamenten zusammengefügten Gebäude.




Loggia XIII.


Raphael.




Vasari beginnt seine Lebensbeschreibung Raphaels mit den Worten: „Wie freigebig und liebreich der Himmel bisweilen einem einzigen Menschen den unendlichen Reichthum seiner Schätze, alle Anmuth und seltene Gaben spendet, welche er sonst in langem Zeitraum unter Viele zu vertheilen pflegt, sieht man deutlich an dem ebenso herrlichen, als anmuthigen Raphael von Urbino.“

Er wurde geboren am Charfreitag des Jahres 1483 in Urbino; sein Vater war der Maler Giovanni Santi, ein ehrenwerther, vielbeschäftigter Künstler; seine Mutter Magia, geb. Ciarla starb am 7. October 1491, worauf sein Vater am 25. Mai 1492 sich wieder vermählte, aber schon im Jahre 1495 starb. Weitere Lebensereignisse schildert Cornelius in der

Kuppel (Tafel 25),

zunächst wie er schon im zarten Knabenalter, während seine Mutter in der Werkstatt des Vaters spinnt, von diesem in den Anfangsgründen der Malerei unterrichtet wird; wie er sodann von seinem Oheim Ciarla (nicht vom Vater,

Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/47&oldid=- (Version vom 31.7.2018)