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für die Erhaltung eines Tieres spielen. Da die Fühler bei den Spinnentieren fehlen, sind sie alle, auch die Kleinformen, in hohem Maße auf die Tastfunktion der Beine angewiesen. Meist ist die Tastfunktion besonders an ein einzelnes Beinpaar gebunden, entweder an das 1. Paar (Solifugen, Pedipalpen, Araneen). Dann wird das Bein zum Gehen oft völlig untauglich[1]. Übernimmt das 2. Paar die Tastfunktion (Phalangiden) so bleibt die Fußform stets erhalten[2].

Der Zahl der vom Cephalothorax getrennten Thoracalsegmente, der Gliederzahl der Cheliceren und der Verwendung der Extremitätengrundglieder als Mundwerkzeuge möchte ich, andern Merkmalen gegenüber keine zu hohe Bedeutung zuschreiben und Börner recht geben, wenn er die Palpigraden (Koenenia) den Pedipalpen angliedert[3]. – Mit demselben Recht aber müssen wir die Pseudoskorpione trotz der abweichenden Mundwerkzeuge usw. den Skorpionen an die Seite stellen, weil die mit Hörhaaren besetzten echten Scheren eine engere Verwandtschaft andeuten.

Am schwierigsten ist die Abgrenzung der Acariden von den Phalangiden. – Da es offenbar Übergangsformen zwischen den beiden Gruppen gibt, behält die Scheidung stets etwas Künstliches, welche Merkmale man dieser Scheidung auch zugrunde legen möge. Nach vielen Erwägungen glaube ich, daß die natürlichste Scheidung zustande kommt, wenn man die Tastfunktion der Beinpaare und die Stellung der Augen in den Vordergrund stellt. Man wird dann mit With[4] die Notostigmata, trotz mancher abweichenden Charaktere, als Unterordnung der Milben betrachten können, aber auch die Cyphophthalmi[5] von den Phalangiden trennen müssen.

Manches Eigenartige zeigen die Cryptostemmen, und man kann zweifelhaft sein, ob für sie nicht eine besondere Ordnung erforderlich wird. Es handelt sich dabei nicht etwa um die Frage, ob Abweichungen von den andern Ordnungen vorhanden sind – das ist namentlich durch die schon genannte neuere Arbeit von Hansen und Sørensen zur Genüge erwiesen – sondern darum, wie hoch man die Abweichungen einschätzt. – Nach meinem Ermessen schließen sich die Cryptostemmen


  1. Nur bei den echten Spinnen bleibt die Gehfunktion neben der Tastfunktion erhalten, weil bei ihnen die Beine noch eine 3. Funktion, eine Hilfeleistung beim Spinnen und Weben übernehmen müssen.
  2. Bei den wehrhaftesten Spinnentieren, den Skorpionen, tritt die Tastfunktion der Beine stark zurück. Wegen ihres gestreckten Körpers können aber auch sie das 4. Beinpaar nicht entbehren.
  3. Zoologica Heft 42. Stuttgart 1904. (Beitrag zur Kenntnis der Pedipalpen). p. 148.
  4. Vidensk. Medd. Foren. Kjøbenhavn, 1904. p. 137ff.
  5. Man vgl. die Monographie von H. J. Hansen und W. Sørensen, On two Orders of Arachnida. Cambridge, 1904.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Dahl: Die Hörhaare (Trichobothrien) und das System der Spinnentiere. Wilhelm Engelmann, Leipzig 1911, Seite 530. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dahl_Trichobothrien_und_Systematik.djvu/9&oldid=- (Version vom 31.7.2018)