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und dies sind schwächere Formen der Thätigkeitsäußerungen, welche das Tödten der Beute begleiten.“ Wie ich glaube, liegt hierin die wahre Theorie einer großen Zahl von Ausdrucksformen; das hauptsächlichste Interesse und die größte Schwierigkeit des Gegenstandes liegt aber in dem genaueren Verfolgen des Zustandekommens der wunderbar complicirten Resultate. Ich sehe, daß irgend Jemand (wer es aber war, bin ich nicht im Stande gewesen, zu ermitteln) bereits früher eine ganz ähnliche Ansicht ausgesprochen hat; denn Sir Ch. Bell sagt:[1] „Es ist behauptet worden, daß das, was die äußeren Zeichen der Leidenschaften genannt wird, nur die begleitenden Erscheinungen jener willkürlichen Bewegungen sind, die der Körperbau nothwendig macht.“ Mr. Spencer hat auch eine werthvolle Abhandlung über die Physiologie des Lachens[2] veröffentlicht, in welcher er auf das allgemeine Gesetz mit Nachdruck hinweist, daß die „Empfindung, wenn sie einen gewissen Grad übersteigt, sich gewöhnlich in einer körperlichen Handlung äußert“, und daß „ein von keinem besondern Beweggrunde geleiteter Überschuß von Nervenkraft offenbar zunächst die gewohnheitsgemäßen Wege einschlagen wird; reichen aber diese nicht hin, so fließt derselbe in die weniger gewohnheitsgemäßen über.“ Für die Beleuchtung unseres Gegenstandes ist dies Gesetz, wie ich glaube, von der größten Bedeutung.[3]

Alle Schriftsteller, welche über den Ausdruck geschrieben haben, scheinen mit Ausnahme Mr. Spencer's, des großen Commentators des Princips der Entwickelung, fest davon überzeugt gewesen zu sein, daß die Arten, natürlich mit Einschluß des Menschen, in ihrem gegenwärtigen Zustande in's Dasein traten. Sir Ch. Bell, welcher diese Überzeugung hatte, behauptet, daß viele unserer Gesichtsmuskeln


  1. The Anatomy of Expression. 3. edit. p. 121.
  2. Essays, Scientific, Political, and Speculative. 2. Series. 1863, p. 111. Auch in der ersten Reihe findet sich eine Erörterung über das Lachen, welche mir aber von sehr untergeordnetem Werthe zu sein scheint.
  3. Seit dem Erscheinen der oben angezogenen Abhandlung hat Mr. Spencer noch eine andere geschrieben über „Morals and Moral Sentiments“ in der Fortnightly Review. April 1., 1871, p. 426. Auch hat er jetzt seine Schlußfolgerungen im 2. Bande der 2. Ausgabe der Principles of Psychology, 1872, p. 539, veröffentlicht. Um der Anschuldigung zu entgehen, als griffe ich in Mr. Spencer's Bereich über, will ich erwähnen, daß ich schon in der „Abstammung des Menschen“ ankündigte, damals bereits einen Theil des vorliegenden Buches geschrieben zu haben. Meine ersten schriftlichen Aufzeichnungen über das Thema des Ausdrucks tragen das Datum von 1838.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/14&oldid=- (Version vom 31.7.2018)