Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/51

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

schwarzer Schwanzbinde und weißen Seitenrändern der Steuerfedern, Alles wie bei der wilden Felstaube, zum Vorschein. Man kann diese Thatsachen aus dem bekannten Princip des Rückfalls zu vorelterlichen Characteren begreifen, wenn alle zahmen Rassen von der Felstaube abstammen. Wollten wir aber dies läugnen, so müßten wir eine von den zwei folgenden sehr unwahrscheinlichen Voraussetzungen machen: Entweder, daß all’ die verschiedenen angenommenen Stammarten wie die Felstaube gefärbt und gezeichnet gewesen seien (obwohl keine andre lebende Art mehr so gefärbt und gezeichnet ist), so daß in dessen Folge noch bei allen Rassen eine Neigung, zu dieser anfänglichen Färbung und Zeichnung zurückzukehren, vorhanden wäre; oder, daß jede und auch die reinste Rasse seit etwa den letzten zwölf oder höchstens zwanzig Generationen einmal mit der Felstaube gekreuzt worden sei; ich sage: zwölf oder zwanzig Generationen, denn es ist kein Beispiel bekannt, daß gekreuzte Nachkommen auf einen Vorfahren fremden Blutes nach einer noch größeren Zahl von Generationen zurückschlagen. Wenn in einer Rasse nur einmal eine Kreuzung stattgefunden hat, so wird die Neigung zu einem aus einer solchen Kreuzung abzuleitenden Character zurückzukehren natürlich um so kleiner und kleiner werden, je weniger fremdes Blut noch in jeder späteren Generation übrig ist. Hat aber keine Kreuzung stattgefunden und ist gleichwohl in der Zucht die Neigung der Rückkehr zu einem Character vorhanden, der schon seit mehreren Generationen verloren gegangen war, so ist trotz Allem, was man Gegentheiliges sehen mag, die Annahme geboten, daß sich diese Neigung in ungeschwächtem Grade durch eine unbestimmte Reihe von Generationen forterhalten könne. Diese zwei ganz verschiedenen Fälle von Rückschlag sind in Schriften über Erblichkeit oft mit einander verwechselt worden.

Endlich sind die Bastarde oder Blendlinge, welche durch die Kreuzung der verschiedenen Taubenrassen erzielt werden, alle vollkommen fruchtbar. Ich kann dies nach meinen eigenen Versuchen bestätigen, die ich absichtlich zwischen den aller-verschiedensten Rassen angestellt habe. Dagegen wird es aber schwer und vielleicht unmöglich sein, einen Fall anzuführen, wo ein Bastard von zwei bestimmt verschiedenen Arten vollkommen fruchtbar gewesen wäre. Einige Schriftsteller nehmen an, langdauernde Domestication beseitige allmählich diese Neigung zur Unfruchtbarkeit. Aus der Geschichte des

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/51&oldid=- (Version vom 31.7.2018)