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wimmernde Töne! Und dann ganz undeutlich ein neuer Fluch!

Ich konnte nicht länger hier untätig ausharren. Ich mußte Harald nach!

Ich schob die beiden Stiefelpaare ganz ans Ende der Stufe, schritt nun langsam Stufe für Stufe abwärts.

Wer Saßnitz kennt, kennt auch diese Treppe, die längste und steilste im Orte. Der kennt auch das Pensionat Fortuna, das alte, einstöckige Haus, das auf der dritten Terrasse dicht an der linken Seite der Treppe steht und ihr den Giebel mit zwei Fenstern zukehrt.

Noch vier Stufen etwa. – Da – wieder ein schnell verstummendes Wimmern.

Ich hatte mich halb zurückgebogen. Der hellgraue Giebel des Hauses zur linken Hand ragte über den hohen Bretterzaun hinweg. Und in dem Giebel standen die beiden unteren Flügel des einen Fensters offen. Und – von dorther war das Wimmern gekommen – aus dem Fenster.

Ein knorriger Birnbaum ragte hinter dem Zaun empor. Seine entlaubten Zweige, vom Winde bewegt, strichen mit seltsamen Tönen über die Scheiben des anderen Fensters und die Zinkrinne des Daches hin.

Nun dort oben im offenen Fenster eine Gestalt – Harsts weiche Reisemütze über einem verschwommenen Gesichtsfleck – und ein Arm, der eifrig winkte.

Die Gestalt verschwand.

Also das Fenster – also dort oben! – Der Weg war vorgezeichnet: der Zaun, der Birnbaum. Man mußte von einem der Äste sich in das Fenster hinüberschwingen können.

Ich kletterte empor. Unsereiner hat schon andere Wege gewählt, um irgendwo einzusteigen.

Ich bekam das Fensterkreuz zu packen: ich saß auf dem Fenster, die Beine nach innen. Und – plötzlich eine jäh aufsteigende Regung des Mißtrauens.

„Harald!“ flüsterte ich in die Finsternis hinein.

Meine Augen lernten das Dunkel zerlegen.

Da war mir gegenüber eine offene Tür, weiter hinten eine zweite.

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Max Schraut: Das Geheimnis der Kabine 24. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Geheimnis_der_Kabine_24.pdf/13&oldid=- (Version vom 30.6.2018)