Seite:Das Trinkgeld.pdf/39

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letztere hätten als die regelmässig sehr unbedeutenden Dienstleistungen, für die das Trinkgeld im Leben entrichtet zu werden pflegt.

2) Der Massstab, nach dem diese Dienstleistungen mittelst des Trinkgeldes gewerthet werden, steht in gar keinem Verhältniss zum Werth derselben, d. h. zu dem Aufwande von Kraft und dem sonst üblichen Lohnsatz; es findet in dieser Beziehung das schreiendste Missverhältniss statt.

3) Eine Berechtigung hat das Trinkgeld nur da, wo es eine Vergütung für eine Leistung enthält, die man, sei es überhaupt nicht, sei es wenigstens nicht in der gewünschten Weise, beanspruchen kann. Bei der hier zur Betrachtung stehenden Art des Trinkgeldes fällt dieser Grund hinweg, dasselbe enthält eine Vergütung für etwas, was man bereits bezahlt hat, ein reines Superfluum.[WS 1] Das Motiv, warum man es entrichtet, ist weder Billigkeit noch Wohlwollen, sondern lediglich die Unterwerfung unter das Zwangsgebot der Sitte. Diese Sitte aber ist eine Unsitte. Das Trinkgeld in der obigen Gestalt ist nichts als das Corpus mortuum des Egoismus – der ursprüngliche Zweck wird dadurch nicht mehr erreicht, der Egoismus des einen Theiles ist durch den des anderen um den vorübergehend erzielten Gewinn gebracht.

4) Die Kostspieligkeit und

5) Die Unbestimmtheit desselben.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. superfluum, lat.: Überfließendes
Empfohlene Zitierweise:
Rudolf von Jhering: Das Trinkgeld. Georg Westermann, Braunschweig 1882, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Trinkgeld.pdf/39&oldid=- (Version vom 31.7.2018)