Seite:Das Trinkgeld.pdf/54

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Lust und Stimmung gefunden hätte, an einen Gegenstand Zeit und Arbeit zu wenden, der dieselbe wissenschaftlich so wenig zu lohnen im Stande ist. Ein rein wissenschaftliches Interesse hat mich ursprünglich, wie oben bemerkt, auf denselben geführt: die Absicht, den Begriff der Unsitte an einem concreten Beispiel zu veranschaulichen; aber das wissenschaftliche Interesse hat während der Arbeit mehr und mehr dem praktischen Platz gemacht, die Feder ward in meinen Händen unwillkürlich zur Lanze, die Kritik zum Angriff.

Ich gebe zunächst den Weg an, auf dem sich meiner Ueberzeugung nach das Trinkgeld in Gasthöfen, Restaurationen u. s. w. mit Aussicht auf Erfolg beseitigen lässt. Derselbe ist im wirklichen Leben in Bezug auf das Gasthofstrinkgeld bereits vereinzelt beschritten worden und, wie ich mich kürzlich durch eigene Erfahrung überzeugt habe, mit durchschlagendem Erfolg.[1] Er besteht darin,

  1. Aus den Mittheilungen, die mir aus Veranlassung der Veröffentlichung meines Aufsatzes in Westermann’s Monatsheften aus Kellnerkreisen zugekommen sind, entnehme ich zu meiner Freude, dass bereits seit längerer Zeit in letzteren eine Agitation für Abschaffung des Trinkgeldes besteht. Den öffentlichen Kundgebungen derselben ist Seitens der Presse eine minder geneigte Aufnahme und Beurtheilung zu Theil geworden, als es im Interesse der Sache zu wünschen gewesen wäre. Man hat in diesen Bestrebungen eine Anwandlung von falschem Stolz, eine Ueberhebung des Kellnerstandes erblicken wollen, während es sich doch nur darum handelt, letzteren dieselbe Stellung zu verschaffen, die allen auf Arbeit und Erwerb
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Rudolf von Jhering: Das Trinkgeld. Georg Westermann, Braunschweig 1882, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Trinkgeld.pdf/54&oldid=- (Version vom 31.7.2018)