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Gegen die Meinung, ich hätte Falsches behauptet, kann ich mich nicht durchweg vertheidigen, weil die Verhandlung ins Grenzenlose gehen würde. Nur einige Missverständnisse, an deren Aufhellung mir liegt, kann ich erwähnen. Zu meinem Bedauern haben Personen, auf deren gute Meinung Werth zu legen ist, geglaubt, ich halte das Weib für unmoralisch, obwohl ich mich ausdrücklich dagegen gewehrt habe. Dass die weibliche Moral insofern unvollständig, ungenügend ist, als sie im Wesentlichen Gefühlsmoral ist, daran muss ich festhalten. Auch ist das gar nichts Neues, man findet z. B. bei E. v. Hartmann die Sache ausführlich dargelegt. Es scheint, dass weniger der Hinweis auf den Mangel an Gerechtigkeit, als der auf die Nothwendigkeit des Lügens verletzt hat. Das hängt offenbar damit zusammen, dass in weiten Kreisen das Lügen als etwas schlechthin Unmoralisches angesehen wird, eine verkehrte Meinung, die hauptsächlich durch Kant gefördert worden ist. Wir alle lügen und müssen lügen, sei es mit Worten, oder durch Schweigen, oder durch blosse Bewegungen. Die Lüge ist durchaus berechtigt, solange es sich um Nothwehr handelt, erst dann wird sie unmoralisch, wenn sie zur Erringung persönlichen Vortheils oder gar zur directen Schädigung Anderer verwandt wird. Die dem Weibe im Geschlechtsleben nothwendige Verstellung oder Lüge ist aber Nothwehr und daher untadelig. Ich hatte geglaubt, mich ganz deutlich ausgedrückt zu haben, aber es hat nichts geholfen, ich muss es daher zweimal sagen. Der andere Kummer ist der, dass ich halb scherzhaft das Paradoxon citirt habe, das Weib soll „gesund und dumm“ sein. Auch hier hatte ich gedacht, der Leser werde mich schon verstehen und die Dummheit nicht wörtlich nehmen, sondern wissen, dass hier ungelehrt gemeint ist. Gerade ich habe an verschiedenen Stellen meiner Schriften darauf hingewiesen, wie wichtig die geistigen Fähigkeiten der Mutter für die Söhne sind, und dass bei der Ehewahl die Klugheit des Mädchens sehr ins Gewicht falle. Ich selbst habe glücklicherweise eine kluge und gute Mutter gehabt und bin überzeugt, dass ich die Fähigkeiten, die ich etwa habe, zum grossen Theile ihr verdanke. Die Erinnerung an sie allein würde mich abhalten, je etwas „gegen die Weiber“ zu schreiben. Aber auf den „Mutterwitz“ kommt es an, auf

Empfohlene Zitierweise:
Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage. Marhold, Halle a. S. 1903, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_%C3%9Cber_den_physiologischen_Schwachsinn_des_Weibes_(M%C3%B6bius).djvu/61&oldid=- (Version vom 31.7.2018)