Seite:De Alemannia XXII 074.jpg

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Geisterstunde bereits herangerückt. Da endlich fiel es ihm ein nach Hause zu gehen, er bezahlte seine Zeche, sagte gute Nacht und trat seinen nicht gerade gemütlichen Heimweg an, denn er hatte etwas schwer geladen und der Himmel war stockfinster, voll dunkler Gewitterwolken, die jeden Augenblick ein furchtbares Wetter zu entladen drohten, und dazu ging der Weg durch finstere Waldungen. Als der Kreuzbauer so eine Strecke Wegs dahingeschwankt war, sah er plötzlich in der Ferne Licht schimmern und hörte Musik und Geschrei, wie wenn da eine Tanzbelustigung wäre. Er ging mutig drauf zu, denn ein alter Bauer vom echten Schrot fürchtet sich nicht so leicht. Wie er näher kam, sah er wirklich eine lustige Gesellschaft von vielen hübsch geputzten jungen Mädchen und Burschen, die tüchtig tanzten. Als nun der Kreuzbauer eine Zeit lang so dagestanden und zugeschaut hatte, trat plötzlich ein alter ganz ehrwürdig aussehender Mann aus dem Kreise der Tanzenden zu ihm und sprach ihn an: „Nun, wie gefällt es dir hier? Es ist doch gewiss lustig bei uns. Willst nicht tanzen oder gar unserm Verein beitreten? Es kostet ja nichts, im Gegenteil, du bekommst noch Geld dazu, brauchst dich nur hier in diesem Buch zu unterschreiben, so bist du aufgenommen. Kannst nachher die Namen lesen, die hier eingeschrieben sind. Das Buch ist bereits voll. Lauter bessere Leut. Unterschreib dich! Bereust es gewiss nicht.“ Nun, wer könnte einer solchen Einladung widerstehen? Unser Kreuzbauer setzt sich hin an den nächsten Tisch und nimmt das Buch hin um sich zu unterschreiben. Aber, o weh! der Kreuzbauer, und seinen Namen schreiben, wo er kaum den Federkiel halten konnte, das war unmöglich. Je schwieriger ihm das ankam, desto lieber wäre er beigetreten; aber ohne geschrieben geht es nicht. Er denkt hin, er denkt her; doch halt, jetzt fällt ihm etwas ein: er kann sich ja mit drei Kreuzen unterschreiben. Gedacht, getan; doch kaum hat er das erste Kreuz gemacht, so springt der Alte auf ihn zu und will ihm das Buch entreißen; aber zu spät! schon stehen die zwei anderen Kreuze schwarz auf weiß da. Da tuts einen furchtbaren Krach, finstere Nacht umgibt den Kreuzbauer, ein schreckliches Wetter bricht los. Vorbei ist der ganze Zauber und das Zucken des Blitzes zeigt dem betäubten Kreuzbauer den Kreuzweg, wo er sich befand und dem bösen Bunde verschreiben

Empfohlene Zitierweise:
Fridrich Pfaff (Hrsg.): Alemannia XXII. Hanstein, Bonn 1894, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XXII_074.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)