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Ständekammern mundtot zu machen, ist auch die erwähnte Urlaubsverweigerung zu erklären. Aber solche Versuche und Maßregelungen erhitzten die Gemüter nur noch mehr und vereinigten die Volksgunst in noch höherem Grad auf die Namen jener Männer, eines Rotteck, Duttlinger, Welcker u. a. Zwar war der Landtag 1824 aufgelöst und durch Machtdruck ein gefügigerer zusammengebracht worden, der ein Gesetz annahm, welches statt der bisher alle zwei Jahre vorgenommenen teilweisen Erneuerung der Abgeordnetenwahlen eine alle 6 Jahre vorzunehmende Gesamterneuerung brachte. So fielen denn die neuen Wahlen nicht mehr in die Regirung Großherzog Ludwigs, sondern in die seines bürgerfreundlicheren Nachfolgers Leopold. Dass sie 1831 fast ganz in liberalem Sinne ausfielen, dazu hatte die durch die Julirevolution hervorgerufene Gärung das ihrige noch hinzugetan. Eine der ersten großen Errungenschaften dieses neuen Landtags war[1] die endlich erlangte Pressfreiheit bezw. ein von der Regirung vorgelegtes Pressgesetz, das im allgemeinen die Presse freigab. Von Welcker war die Motion in der Kammer gegeben, von seinen Kollegen von der Hohen Schule der Antrag unterstützt worden. Welcker, Rotteck und Duttlinger gaben auch alsbald – am 1. März 1832, dem Tag, an welchem die Pressfreiheit ins Leben trat – eine „zensurfreie, liberale, politische Zeitung,“ genannt „Der Freisinnige, Freiburger politische Blätter“, heraus. Das Erscheinen dieses Blattes wurde jedoch schon am 24. Juni desselben Jahres, da es die gegebene Freiheit gleich in schroffster Weise missbraucht habe, verboten.[2]


  1. Neben dem Widerruf der 1826 gegebenen Wahlabänderung, einer neuen Gemeindeordnung, einer neuen Zivilprozessordnung u. a. m. Vgl. z. B. Schöchlin, Geschichte des Großh. Baden unter der Regirung des Großh. Leopold von 1830–52. Karlsruhe 1855. S. 139 ff.
  2. Das Pressfreiheitsgesetz selbst wurde (aus dem gleichen Grunde) am 5. Juli 1832 auch unterdrückt (und erst 1848 wieder hergestellt: vgl. Bekk „Die Bewegung in Baden am Ende des Februar 1848 bis zur Mitte des Mai 1849.“ Mannheim 1850. S. 60.) – Auch die von Rotteck in München, Stuttgart und Tübingen seit 1850 herausgegebenen „Allg. politisch. Annalen“ wurden im Sept. 1832 unterdrückt. – Ein Pressprozess, der gegen Welcker anhängig gemacht wurde, zog sich noch über dessen Entfernung vom Lehramt [222] hinaus. Erst als die juristischen Fakultäten von Kiel und Tübingen in einem geforderten Gutachten sich für Welcker und eine Verurteilung desselben für rechtlich unmöglich erklärten, erfolgte im Februar 1833 seine Freisprechung.
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Fridrich Pfaff (Hrsg.): Alemannia XXI. Hanstein, Bonn 1893, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XXI_228.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)