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des Glaubens an vorausschauende Staatsweisheit stark zu erschüttern. Aber es wird überhaupt viel weniger geplant und gelenkt, als man uns im Geschichtsunterricht lehrt. Die größten Ereignisse kommen meist unerwartet. Man hat sich treiben lassen, ohne viel zu fragen, wohin und steht plötzlich vor überraschenden Tatsachen. Das landläufige Heroentum besteht dann eigentlich nur immer darin, sich mit Geschick aus Schwierigkeiten zu ziehen und es nachträglich so darzustellen, als habe man alles vorausgesehen.«

»Aber«, fragte Miß Tatiana, »hat man denn nicht von Anfang an erkannt, daß diese fremden- und fortschrittsfeindliche Partei unseren kommerziellen Interessen notwendigerweise großen Schaden zufügen muß? Warum hat man sie überhaupt je so anwachsen lassen?«

»Um sie erfolgreich zu bekämpfen«, antwortete er, »hätte man sich offen zum Kaiser und zu seinen Reformfreunden bekennen müssen. Es gab vielleicht einen Moment, wo man das gekonnt hätte. Aber dazu hatte niemand den Mut und niemand sah wohl ein, wieviel auf dem Spiele stand. Die Schicksalsstunde für China war der Staatsstreich der Kaiserin Witwe im September 1898. Daß damals die ganze Welt zuschaute, wie aller Fortschritt vertilgt wurde, nachdem er so lange gepredigt

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Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/206&oldid=- (Version vom 31.7.2018)