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so sei’s doch das Nächstbeste.« Und Ihr »Nächstbestes«, lieber Freund, war immer noch so viel reicher und zarter, so viel sorgender als alles, was andere Menschen als höchstes Glück zu geben vermögen; Sie haben mich so sehr verwöhnt, daß ich mir jetzt oft ganz verlassen vorkomme.

Auf daß Ihnen aber die Lektüre dieses Briefes nicht schlecht bekomme und Sie nicht etwa dem Hochmutsteufelchen verfallen, werde ich gleich hinzusetzen, daß ich immer etwas am großen Heimweh der Vergangenheit leide, und daß, wenn man mehrere Jahre in einem so eigenartigen Ort wie Peking gelebt und dort Wurzel gefaßt hat, es schwer fällt, in einer so absolut entgegengesetzten Welt wie New York heimisch zu werden. Wer sich in Brüssel wohl fühlt, dem wird auch Paris gefallen, wer sich in Dresden eingelebt, der wird es auch in München fertig bringen. – Da sind keine weltentrennende Rassen- und Anschauungsgegensätze zu überwinden. Wer aber den Osten wirklich mal kennt und liebt, der paßt nicht mehr in diese westliche Welt. Man staunt sie an, sagt sich wohl auch mit dem Verstand, daß ihr das neue Jahrhundert gehören wird, aber man wird in ihr nie mehr heimisch, man fühlt sich in stetem Widerspruch. – Wie mag es nur Kipling, dieser große Orientale, hier je ausgehalten haben! Wie sehr

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Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/85&oldid=- (Version vom 31.7.2018)