Seite:De Briefe die ihn nicht erreichten Heyking Elisabeth von.djvu/90

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

imstande sind, die Langeweile des Meisten zu erkennen, womit das Leben angefüllt ist.

Ich wünschte – ja, was wünsche ich eigentlich? Ich wünschte, ich wäre mit Ihnen auf einer weiten, merkwürdigen, gefahrvollen Entdeckungsreise in irgend ein seltsames Land – womöglich einen unerforschten Stern. Bitte, werden Sie nun aber nicht gleich eitel! Daß Sie nicht eitel sind, ist ja gerade eine Ihrer nettesten Eigenschaften, und jede echte Frau muß einen eitlen Mann unausstehlich finden, denn er nimmt ihr damit etwas weg, worauf sie ihr spezielles, anerkanntes Frauenrecht hat. Ich suche Sie ja auch nur deshalb zum Begleiter auf den unerforschten Stern aus, weil Livingstone, der dort sicher sofort Bescheid gewußt hätte, nun doch schon tot ist.

Aber wahrhaftig und im Ernst – ich habe manchmal eine so brennende Sehnsucht, etwas zu werden, zu sein, zu leisten! Ich komme mir zuweilen vor, als bestände ich aus lauter ungenutzten Fähigkeiten und als gingen alle Gelegenheiten, sich zu betätigen, die die meinen sein sollten, an mir vorbei und zu anderen hin, die nicht wissen, was sie damit beginnen sollen. Wir Menschen bestehen eben aus solchen, von denen nie annähernd das verlangt wird, was sie zu leisten imstande wären, und aus anderen, an die Anforderungen gestellt

Empfohlene Zitierweise:
Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/90&oldid=- (Version vom 31.7.2018)