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Worte: quod ita et factum est, excepto Widochindum, qui fuga lapsus est partibus Nordmanniae? Eine genaue Interpretation des barbarischen Latein würde meines Erachtens den Sinn ergeben: auch Widukind sei mit den 4500 dem Könige ad occidendum überliefert, aber er sei glücklich entwischt; oder wie anders wäre das excepto W. an dieser Stelle zu verstehen, wenn das ita et factum est nach der gewöhnlichen Annahme heissen soll, sie wurden wirklich getödtet? Allein thatsächlich kann doch der Annalist das nicht sagen wollen: die Annahme, dass Widukind sich so hätte ausliefern lassen und dass eben er, einmal ausgeliefert, hätte entkommen können, wäre zu absurd. Dann aber ist die in Bezug auf Widukind statuirte Ausnahme nur auf die Auslieferung der omnes malefactores zu beziehen, wie auch seither stets geschehen ist, und nicht auf ihre Tödtung, und dann kann die dunkle Wendung, quod ita et factum est, nur bedeuten, die 4500 mit Ausnahme Widukinds wurden wirklich ad occidendum übergeben, aber es steht dann nicht darin, dass sie auch wirklich getödtet wurden.

In der That hat sich die Geschichtschreibung von diesem dunklen Berichterstatter fast immer zu einem viel klareren gewandt und mindestens da, wo jener nicht zu enträthseln war, sich diesem angeschlossen, dem Verfasser der sogenannten Annales Einhardi. Ob sie daran recht gethan hat, wollen wir im Folgenden untersuchen.

Ueber die Zeit der Abfassung der Einhards-Annalen und über die Quellen der nur durch sie uns überlieferten Nachrichten herrscht noch immer die grösste Meinungsverschiedenheit; aber es kann nicht die Aufgabe der gegenwärtigen Untersuchung sein, diese Fragen zu erörtern, wie erwünscht es auch wäre, zu wissen, ob die Erzählung, auf welche es hier ankommt, noch zu Lebzeiten Karls des Grossen oder erst nach seinem Tode niedergeschrieben worden ist. Darüber, glaube ich, kann kein Zweifel sein, dass der wesentliche Inhalt ihres Berichts über 782 direct von den Lorscher Annalen abhängig ist. Eigenthümliche Nachrichten bringen sie nur über den Aufstand der Slaven und über die Schlacht am Süntel, deren für die Franken unglücklicher Ausgang hier nicht verschwiegen wird. Aber der Schlachtbericht ist etwas verworren, weil dem Annalisten die richtige Anschauung der Oertlichkeit fehlte, vielleicht auch weil er die mündliche

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_086.jpg&oldid=- (Version vom 8.11.2022)