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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.

wie möglich, aber das tut ja am Ende nichts. Ich will also sagen, weshalb ich am 6. November nach Baden-Baden gereist bin.“

Der Vorsitzende lehnte sich zurück, warf den Geschworenen einen Blick zu, der besagte: Nun paßt auf, was er euch für einen Roman erzählen wird, und fallt nicht darauf herein –, der Staatsanwalt erhob sich mit einem skeptischen Lächeln. Die Spannung im Saale erreichte den Höhepunkt.

Ich sagte nun mit möglichst wenig Worten, ich sei von London nach Baden-Baden gereist, um vor der Rückkehr nach Amerika meine Schwägerin Olga noch einmal zu sprechen, für die ich eine leidenschaftliche Zuneigung empfand. Der Abschied in Paris sei zu unbefriedigend gewesen. Um in Baden-Baden nicht erkannt zu werden, hätte ich die Perücke und den falschen Bart angelegt. Den Nachmittag aber hätte ich mich in der Umgebung der Villa aufgehalten, in der Hoffnung, meiner Schwägerin ansichtig zu werden.

„Aber die Dame hat doch tatsächlich das Haus verlassen, um sich in die Villa Engelhorn zu begeben“, warf der Vorsitzende ein.

„Ich habe sie nicht gesehen. Ich vermutete sie immer noch im Hause. Gegen Abend suchte ich einen Dienstmann ausfindig zu machen, der ihr ein paar Zeilen hätte überbringen können, aber ich fand keinen. Da geriet ich auf den Gedanken, die Mutter auf die Post zu bestellen, um in ihrer Abwesenheit mich meiner Schwägerin nähern zu können.“

„Ein sonderbarer Gedanke. Da gab es doch andere Mittel und Wege, die näher lagen.“

„Das mag sein. Nachher sind mir auch andere Wege eingefallen, die zweckmäßiger gewesen wären.“

„Nun weiter. Was taten Sie, nachdem Sie telephoniert hatten?“

„Ich eilte, so rasch ich konnte, die Kaiser-Wilhelm-Straße hinauf und gelangte bis zur Villa Engelhorn. Da sah ich die beiden

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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/129&oldid=- (Version vom 31.7.2018)