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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.

5. Verhöre

Der ältere meiner beiden Zellengenossen war ein Maurer, ein schon bejahrter Mann von einfachem, geradem Wesen, der nicht viel sprach und offenbar zum Spitzel gar kein Talent hatte. Desto mehr Anlagen dazu hatte der jüngere, eine problematische Natur, Hans Dampf in allen Gassen, mir gleich von Anfang an zuwider wegen seiner Aufdringlichkeit. Wer die zwei ausgesucht hatte zu ihrer ehrenvollen Mission, weiß ich nicht. Jedenfalls war die Idee, mich von ihnen ausholen zu lassen, reichlich naiv. Als der Untersuchungsrichter sie später ins Gebet nahm, wußte der ältere gar nichts zu erzählen und der jüngere nur banale Schwätzereien, mit denen nicht das geringste anzufangen war.

Das ziemlich am Rande der Stadt gelegene Gefängnis, ein ganz neues Gebäude, war in Form eines Rechtecks um einen Innenhof herum gebaut, alle Zellen gingen nach innen, so daß die Bestimmung des Hauses von außen kaum zu erkennen war. Nach dem Ministerialdirektor, der den Plan entworfen hatte, wurde es Villa Hübsch genannt. Außerdem gab es im Hofe des Landgerichts noch ein zweites Untersuchungsgefängnis, einen uralten Kasten, in dem sich nur die Flöhe und Wanzen wohl fühlten. Ich wurde zwischen beiden hin und her versetzt, je nach Gutdünken der Machthaber.

Schon am ersten Vormittag kam der Untersuchungsrichter herausgefahren. Als ich das Besuchszimmer betrat, saß da am Tisch ein untersetzter Herr, indifferenten Gesichts, vielleicht Anfang der

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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/53&oldid=- (Version vom 31.7.2018)