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Die kleine Abhandlung „Du droit au divorce“ lege ich bei; von Diderots Dialog „Est-il bon? Est-il méchant?“, der in knapper Form das Wesentliche dessen enthält, was Sie wünschen, hoffe ich Ihnen eine Abschrift verschaffen zu können.

Daß Sie die Möglichkeit eines Pariser Aufenthalts in Aussicht stellen, wenn „alles vorüber ist“, – Sie meinen doch wohl die Geburt Ihres Kindes? –, hat mich entzückt. Ich habe am letzten Mittwoch schon mit Madame Geoffrin gesprochen, die außer Fräulein de Lespinasse Damen nicht zu empfangen pflegt, weil sie, wie sie sagt, doch „nur aus Neid oder Neugierde kommen, und zum Klatschen und Keifen weggehn“, aber bei Ihnen eine Ausnahme machen will. Ihre Briefe fand sie bezaubernd; „eine Frau von Geist und Herz ist heute, wo der Verstand wie ein Prinz erzogen, gepflegt und gehätschelt, das Herz dagegen als Aschenbrödel behandelt wird, eine solche Ausnahme, daß ich sie liebe, ohne sie zu kennen.“ Ein Urteil wie dieses aus dem Munde der Madame Geoffrin ist in den Kreisen des geistigen Frankreich, was der Nachweis von zweiunddreißig Ahnen für das Königshaus ist.

Darf ich Sie noch bitten, Herrn Gaillard daran zu erinnern, daß er mir von Ihrem Befinden Nachricht geben möchte, sobald Sie selbst, teuerste Marquise, mir nicht mehr zu schreiben imstande sind.

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/103&oldid=- (Version vom 31.7.2018)