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Niemand und nichts hat für das Verlorene einen Ersatz schaffen können. Mit dem fehlenden geistigen Mittelpunkt, um den sich die ersten Männer Frankreichs versammelten, lockert sich auch mehr und mehr ihr geistiger Zusammenhang. Müssen wir es doch jetzt erleben, daß der aufs neue wütend entfachte Kampf zwischen den Anhängern Glucks und denen Piccinis auch die Reihen der Encyklopädisten in zwei feindliche Lager teilt.

Mehr denn je gehen die Männer in ihre Klubs und Kaffeehäuser; die Frauen dagegen haben in den überhandnehmenden Teevisiten ein Mittel des Zusammenseins gefunden. In der Vergröberung der Sitten meine ich jetzt schon den Fortfall des zugleich anregenden und mildernden weiblichen Einflusses im Leben der Männer zu spüren; treffen sich die beiden Geschlechter bei festlichen Gelegenheiten, so herrscht zwischen ihnen, die geistig nicht mehr miteinander leben, nur die Atmosphäre schwüler Sinnlichkeit.

Sie sehen, es wäre für mich eine Erlösung, die Mauern von Paris hinter mir zu haben; Sie müssen aber auch wissen, teuerste Marquise, daß ich das Glück, bei Ihnen zu sein, selbst seinen größten Genüssen vorziehen würde.



Marquis Montjoie an Delphine.
Paris, den 3. Oktober 1777.


Meine Liebe, die Nachricht, daß der Kaiser von Österreich noch diesen Monat nach Straßburg

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/204&oldid=- (Version vom 31.7.2018)