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gen Himmel weisen, wo Trauerrosen sich liebevoll wie weinende Frauengesichter um das Denkmal schmiegen und die kleinen Wellen des Flusses nur leise miteinander flüstern, als wollten sie die Stille nicht stören, predigt alles die Seligkeit der Rückkehr zur Natur.

Die Königin war sehr verstimmt. Am Morgen hatte sie von der Absicht einer neuen Einschränkung der Zahl ihrer Dienerschaft erfahren, nachdem sie schon kurz vorher gezwungen worden war, ihre Wünsche für den Theaterbau von Trianon erheblich einzuschränken. „„Man mißt, wie es scheint, den Hofhalt des Königs von Frankreich an dem bourgeoisen Budget des Herrn Necker,“ sagte sie. Ihre weichen Züge, die ich bisher nur von einem Lächeln verklärt sah, bekamen dabei den harten Ausdruck, der ihrer kaiserlichen Mutter besonders eigentümlich ist. „Würden Sie sich von Ihrem Hausknecht das Menü Ihrer Tafel bestimmen lassen?“ frug sie mich. „Von meinem Hausknecht – nein!“ entgegnete ich; „wohl aber von meinem Verwalter, der für die geregelte Wirtschaftsführung verantwortlich ist.“

Bei dem Rundgang durch den Park kamen wir am Grabe des Unsterblichen vorüber. Die Königin streifte es durch ihre Lorgnette mit einem eisigen Blick, und sagte dann mit hochmütig zurückgeworfenem Haupt, – einer Bewegung, der nur die Tochter Maria Theresias fähig ist –: „die

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/269&oldid=- (Version vom 31.7.2018)