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Prinz Friedrich-Eugen Montbéliard an Delphine.
Versailles, den 7. Juni 1782.


Geliebteste! So greift der Arm der Kabale bis in unser Geheimnis! Er reißt uns grausam aus dem süßen Traum dieser Nacht! Um mich hätte die Welt zusammenstürzen können, ich sah nur Sie, die Sie die Sehnsucht meines ganzen Lebens gewesen waren, ich hörte nur Ihre Stimme, die mir sagte, was ich nie zu hören gehofft hatte. Im Rausche höchster Seligkeit untergehen –, wäre es nicht vielleicht das beneidenswerteste Schicksal gewesen?!

Ich fühlte Sie plötzlich in meinen Armen erschauern; ich sah Ihre Augen, aus denen noch eben die Glut der Liebe mir entgegengestrahlt hatte, sich vor Entsetzen weiten, und ehe ich noch selbst um mich zu sehen vermochte, flüsterten Sie mit blassen Lippen: „Der Kardinal!“ Ein Feuerrad, das auf dem Rasen hinter dem Laubengang, der uns verdeckte, Flammengarben nach allen Richtungen schoß, beleuchtete grell die schwarzvermummte Gestalt, die roten Strümpfe und Absätze darunter. Und wenige Schritt davor die weiße, schlanke Erscheinung, – und die stille Fischerhütte!!

Es war ein Weib und meine Ritterpflicht ist es, dieses zu schützen. Aber es war die Königin,

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 319. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/325&oldid=- (Version vom 31.7.2018)