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Augenblick noch vor mir, der über unser Leben das letzte Urteil fällte.

Wie alles gekommen ist, wird mir ewig dunkel bleiben, denn Gaillards Mund verstummte auf immer. Ich habe seine Leiche auf meinem Pferde hierher geführt und hier begraben. Der Marquis hätte sie von den Wölfen im Wald zerfleischen lassen.

Die Burg brannte schon, als ich kam. Gaillard rief mir mit dem Ausdruck strahlender Zuversicht nur zwei Worte zu: „Im Palais!“ Ich stürzte in den Park, ich rüttelte wie ein Wahnsinniger an den verschlossenen Läden; das morsche Holz gab nach; ich lief, Deinen Namen rufend, durch die moderduftenden Räume –, Du warst nicht da. In großen Sprüngen jagte ich zurück.

Dicht vor den niederprasselnden Balken stand der Marquis, das Gesicht blutüberströmt, auf dem einen Arm den weinenden Knaben, in der anderen Hand die rauchende Pistole, Gaillard, ein Sterbender, ihm zu Füßen, Du, wie leblos an sein Knie Dich klammernd.

Ich riß Dich empor. Du starrtest mich an, wie geistesabwesend.

Der Marquis lachte schneidend auf: „Brandstifter!“ Schon wollte ich mich auf ihn werfen, aber als Schutzwehr hielt er mir das Kind – mein Kind! – entgegen!

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 461. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/467&oldid=- (Version vom 31.7.2018)