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Eines Tages erhielt der Südfrüchtenhändler einen Eilbrief von einem Arzt, der ihn aufforderte, schleunigst zu kommen, wenn er seine Frau noch am Leben finden wollte, denn ihre Stunden wären gezählt.

Der Mann kam, aber die Fiebernde kannte ihn nicht mehr. Der Arzt sagte, er solle sich an ihr Bett niedersetzen, es wäre möglich, daß sie kurz vor dem Sterben zum Bewußtsein kommen und ihn erkennen würde.

Da saß er nun und hörte die Fiebergespräche, in denen sie immer wieder die Worte wiederholte, daß sie unschuldig wäre. Aber er konnte es doch nicht glauben. Sie hat aus Eifersucht getötet, sagte er zu sich selbst.

Plötzlich richtete sich die Fiebernde im Bett auf und erkannte ihren Mann.

„Bist du gekommen, mir zu glauben?“ rief sie erleichtert aus.

Da sah er in ihre Augen, und beim Ton ihrer Stimme mußte er glauben, daß sie unschuldig war am Tod der andern.

Und er bat in seinem Herzen das Schicksal um ein Wunder: Die Sterbende soll leben bleiben und gesund werden, wenn sie unschuldig ist, sagte er in seinem Schweigen.

Er sah ihr fest ins Auge und beschwor

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Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/239&oldid=- (Version vom 31.7.2018)