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„Die Dame, die heute morgen angekommen ist, ist sehr krank. Der Wirt hat gesagt, die Krankheit könne Cholera sein.“

„Da haben wir es, das Unglück,“ rief die Russin begeistert aus. „Ich packe sofort meine Koffer.“

Ulrike und ich lachten, und Ulrike sagte:

„Jetzt bekomme ich es, wie ich es gewollt habe. Jetzt werden alle mit mir abreisen. Wie froh ich bin, daß sich doch etwas Allgemeines ereignet, und daß meine Abreise nicht allein das Tagesereignis sein muß.“

Ich hatte inzwischen rasch die neue Zeitung aufgeschlagen und las, daß verschiedene Cholerafälle in Venedig und auch am Gardasee gemeldet waren. Ich schlug dann den Damen vor, zusammen noch einen letzten Abschiedsspaziergang nach den Wiesen zu machen, was die Damen auch gerne taten. Draußen vor dem Ort, in der Nähe eines alten Pestfriedhofes, der jetzt wie ein harmloser Rosengarten zwischen prächtig düsteren Zypressen lag, trafen wir die beiden Ärzte, die den Arbeitern zusahen, welche dort ein großes vitriolgrünes Zelt errichteten.

Bei der Farbe des Zeltes mußte ich an das Haus des vorsündflutlichen Tieres denken, das

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Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 356. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/357&oldid=- (Version vom 31.7.2018)