Mein Leben endert ich nach meiner Augenblicke /
Mit unbestendigkeit beschämt ich daß gelücke.
Die gröste büberey hat mier der Todt gethan
Die weil ich dieses Grab nicht auch verändern kan.
Hier liegt Flavia bey Tausenden begraben /
Ihr Mund hat nie gewunscht ein eigen Grab zu haben /
Sie hatt der Freunde Hand zu schreiben auff den Stein /
Gleich wie der Cörper wahr / so soll die Grabstät seyn.
Die vor geschencktes Geld entblöste Schoß und Brust /
Macht der ergrimte Todt / zu des Gewurmes kost /
Ihr buhler last alhier die Trähnen-ströme fliessen /
So kan noch mancher Wurm bey Speise Tranck geniessen.
Cupido jagte mier die Pheile nach dem Hertzen /
Er gab mier wehnig Krafft / und nicht geringe Schmertzen /
Der wille war bereit die Kräffte fehlten mier /
Mein Lieb Küst frisches Fleisch / ich faule schon alhier.
Mein Liebster hieß mich Braut / und meinte nur das Geldt /
Die Pest rieß mich von ihm und ließ ihn in der Welt /
Der Todt saß in der Schoß der Winter in den Beinen /
Ist Todt und Winter hier / so mag ein ander weinen.
anonym (Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau): Hundert Grab-Schrifften.. , Breslau (?) 1662, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_HvW_Grabschriften_17.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)