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damaligen Meinung nach in der ganzen Welt nicht wieder vorkam. Und nicht nur Schimpfen, auch sonstige Tyrannei. Wie Du z. B. Waren, die Du mit anderen nicht verwechselt haben wolltest, mit einem Ruck vom Pult hinunterwarfst - nur die Besinnungslosigkeit Deines Zorns entschuldigte Dich ein wenig - und der Kommis sie aufheben musste. Oder Deine ständige Redensart hinsichtlich eines lungenkranken Kommis: „Er soll krepieren, der kranke Hund!“ Du nanntest die Angestellten „bezahlte Feinde“, das waren sie auch, aber noch ehe sie es geworden waren, schienst Du mir ihr „zahlender Feind“ zu sein. Dort bekam ich auch die grosse Lehre, dass Du ungerecht sein konntest; an mir selbst hätte ich es nicht so bald bemerkt, da hatte sich ja zuviel Schuldgefühl angesammelt, das Dir recht gab; aber dort waren nach meiner, später natürlich ein wenig, aber nicht allzusehr korrigierten Kindermeinung fremde Leute, die doch für uns arbeiteten und dafür in fortwährender Angst vor Dir leben mussten. Natürlich übertrieb ich da undzwar deshalb weil ich ohne weiters annahm, Du wirktest auf die Leute ebenso schrecklich wie auf mich. Wenn das so gewesen wäre, hätten sie wirklich nicht leben können; da sie aber erwachsene Leute mit meist ausgezeichneten

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Franz Kafka: Brief an den Vater, Seite 13b. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kafka_Brief_an_den_Vater_050.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)