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dem Gesamturteil, das Du über mich hattest, auf das Abscheulichste, Blumpste, Lächerlichste. Und zögertest keinen Augenblick, mir das auf ebensolche Weise zu sagen. Die Schande, die Du damit mir antatest, war Dir nichts im Vergleich zu der Schande, die ich Deiner Meinung nach Deinem Namen durch die Heirat machen würde.

Nun kannst Du ja hinsichtlich meiner Heiratsversuche manches mir antworten und hast es auch getan: Du könntest nicht viel Respekt vor meiner Entscheidung haben, wenn ich die Verlobung mit F. zweimal aufgelöst und zweimal wieder auf genommen habe, wenn ich dich und die Mutter nutzlos zu der Verlobung nach Berlin geschleppt habe u.s.w. Das alles ist wahr, aber wie kam es dazu?

Der Grundgedanke beider Heiratsversuche war ganz korrekt: einen Hausstand gründen, selbstständig werden. Ein Gedanke, der Dir ja sympathisch ist, nur dass es dann in Wirklichkeit so ausfällt, wie das Kinderspiel, wo einer die Hand des anderen hält und sogar presst und dabei ruft: „Ach geh doch, geh doch, warum gehst Du nicht?“ Was sich allerdings in unserem Fall dadurch kompliziert, dass

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Franz Kafka: Brief an den Vater, Seite 23b. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kafka_Brief_an_den_Vater_090.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)