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Die erste Jugend war vorbei – ich war fünfundzwanzig Jahre alt - über mich kam ein Gefühl von: „Was anfangen mit dem Leben?“ Glauben an meinen Stern, an ein allenfalsiges doch noch durchdringen können mit meinen litterarischen Erzeugnissen, hatte ich gar keinen, – dazu kam noch, daß die Quelle meiner Einbildungs­kraft gänzlich versiegt schien, daß ich nicht im stande war, irgend ein neues Motiv zu formulieren! –

Da riet mir meine Mutter eines Tages – mehr um mich zu beschäftigen, zu zerstreuen, als aus irgend einem andern Grund – einen meiner bereits im „Prager Abendblatt“ erschienenen Romane umzuarbeiten und zu versuchen, denselben in Buchform zu verwenden. Der Roman war unter dem Titel: „Der gewisse Baron Riedheim“ von „Erich Rheinau“ erschienen. –

Ohne die geringste Begeisterung machte ich mich an’s Werk. Die Feder in der Hand blätterte ich in den aus dem Abendblatt herausgeschnittenen Feuilletons. Meine Umarbeitung des Romans bestand erst aus einfachen Nachbesserungen, die ich auf die weißen Ränder der Zeitung schrieb. –

Mit einemmal warf meine Phantasie die alte Form der Er­zählung um - auf dasselbe Motiv baute ich einen andern Roman – die Hallucinationen hatten sich eingestellt, ich hörte die Figuren um mich herum sprechen, lachen, weinen – ich hätte nach ihnen greifen können – ich brauchte nur die bunten Bilder abzuschreiben, die mir durch die Seele glitten. –

Im Herbste desselben Jahres war aus dem „gewissen Baron Riedheim“ von „Erich Rheinau“ – „Ehre“ von „Ossip Schubin“ geworden. –

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Ossip Schubin: Meine Erstlinge. Verlag von Gebrüder Paetel, 1894, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Meine_erstlinge_Schubin_Ossip.djvu/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)