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blieb, das hätte er, weiß Gott, noch gefangen genommen, wenn nicht ein weiser Hoherpriester ihm beizeiten davon abgeraten hätte. Der hat freilich zum Dank dafür ein paar faustdicke Grobheiten einstecken müssen! Es gab dann noch eine formidable Reiterattacke – ein théâtre paré für die Fremden! –, wobei ein paar tausend arme Gäule sich einbilden sollten, das Vaterland retten zu müssen; aber auch die Vierfüßler im Ostkorps zeigen sich als die stärkeren. Ein schauerliches Abschlachten wärs im Ernstfall gewesen. Sie sehen, Stettin konnte ruhig sein, – und der alte Herr hat in der Kritik den General von Kleve über den grünen Klee gelobt. Trotzdem wars eine hanebüchene Dummheit, wie sie den Tapfersten immer zustößt, daß er – hm! – daß er den – den Schutzheiligen nicht besser respektierte.“

Mein Onkel, der schon die ganze Zeit ungeduldig mit den Fingern auf der Stuhllehne getrommelt hatte, schien für den Humor der Sache keinen Sinn zu haben. „Schon Wochen vorher habe ich meinen Schwager gewarnt,“ sagte er, „wer den Prinzen kennt, weiß, daß er alles kann, nur nicht vergessen.“

Angriffe auf meinen Vater konnte ich nie vertragen. Mir stieg auch jetzt das Blut zu Kopf, und meine Verteidigung fiel heftiger aus, als es nötig gewesen wäre.

„Ich finde, eine Rücksicht, wie du sie verlangtest, wäre eine Pflichtverletzung gewesen. Wenn der Prinz, der noch nie eine Kugel hat pfeifen hören, mit lauter servilen Leuten zu tun bekäme, so würde es Deutschland mal büßen müssen.“

Empfohlene Zitierweise:
Lily Braun: Memoiren einer Sozialistin. Albert Langen, München 1909, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Memoiren_einer_Sozialistin_-_Lehrjahre_(Braun).djvu/351&oldid=- (Version vom 31.7.2018)