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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält.

droht. Ein häßlicher Mensch wird noch häßlicher durch den Zorn, und doch kann er im Ausbruch dieser Leidenschaft, sobald sie nicht ins Lächerliche, sondern ins Furchtbare verfällt, gerade noch den meisten Reiz für uns haben. Selbst bis zu den Thieren herab gilt diese Bemerkung. Ein Stier am Pfluge, ein Pferd am Karren, ein Hund, sind gemeine Gegenstände; reizen wir aber den Stier zum Kampfe, setzen wir das ruhige Pferd in Wuth, oder sehen wir einen wüthenden Hund, so erheben sich diese Thiere zu ästhetischen Gegenständen, und wir fangen an, sie mit einem Gefühle zu betrachten, das an Vergnügen und Achtung grenzt. Der allen Menschen gemeinschaftliche Hang zum Leidenschaftlichen, die Macht der sympathetischen Gefühle, die uns in der Natur zum Anblick des Leidens, des Schreckens, des Entsetzens hintreibt, die in der Kunst soviel Reiz für uns hat, die uns in das Schauspielhaus lockt, die uns an den Schilderungen großer Unglücksfälle soviel Geschmack finden

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band4_130.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)