Seite:De Thalia Band1 Heft1 086.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Jezt ließ er anspannen, und verschwand vierzehn Tage lang, daß kein Mensch um seinen Aufenthalt wußte. Vor seiner Abreise hatte er Sorge getragen, daß Mutter und Tochter mit dem Nothwendigsten versehen wurden, und seine Dienerschaft hatte Befehl, der Mutter, wie ihm selbst, zu gehorchen.

Während der ganzen Zeit, daß er abwesend war, wohnten die beiden, beinahe ohne sich zu sprechen, in der traurigsten Verstimmung neben einander. Die junge Frau zerfloß ohne Aufhören in Seufzer und Thränen, oder fieng plözlich laut zu schreien an, rang die Hände, raufte sich die Haare aus, daß selbst ihre Mutter es nicht wagen durfte, sich ihr zu nähern, und ihr Trost zuzusprechen. Diese zeigte nichts als Verhärtung, jene war das traurigste Bild der Reue, des Schmerzens, der Verzweiflung. Tausendmal rief sie, kommen Sie Mama, lassen Sie uns fliehen, lassen Sie uns vor seiner Rache uns schüzen – tausendmal widersezte sich die Alte, und erwiederte: Nicht doch, mein Kind. Laß uns bleiben. Laß uns abwarten, wie weit er es treiben wird. Umbringen kann uns dieser Mensch doch nicht. – O daß ers möchte, rief jene wieder, daß ers längst schon gethan haben möchte. – Schweig, sagte die Mutter,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft1_086.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)