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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Freunde herum. Die fliegenden Blätter wimmelten von Anekdoten, von Gedichten, von Lobreden auf diese Menschen, deren bescheidne, gepränglose Verbindung niemals auf öffentliches Aufsehen Anspruch gemacht hatte. Keine glänzenden Thaten, keine erhabnen Reden, (das non plus ultra der Zeitungsgröße) wissen selbst die grossprechendsten Ausposauner dieser Begebenheit aufzuweisen. Aber dieses Beispiel von häuslicher Größe, deren Karakter eben diese Einfachheit ist, die Seltenheit einer so vollkommenen, so zärtlichen Freundschaft, war auf die lebhafte Imagination des Pariservolkes gefallen. Eine unwillkürliche, vielleicht ihnen selbst unbewußte Vergleichung einer solchen Vereinigung zweier Wesen zu Einem schönen Zwek mit den tausend sogenannten liaisons, arrangemens, und wie diese armseligen Misgeburten des gesellschaftlichen aber höchst ungeselligen Lebens unsrer Zeiten alle heißen mögen, drang sich ihnen auf, und es entstand daraus ein flüchtiger Enthusiasmus, der aber hoffentlich keine Folgen weiter haben wird, als die ruhige, dunkle Tugend dieser zwei edeln Menschen auf ein Paar Augenblike dadurch entartet zu haben, daß man sie an das Licht der Bewunderung hervorris.

Und dies ist das Schiksal der Größe in unsern Tagen, sie mag in dem weiten Bezirk eines Staats oder in dem engen Krais einer Familie wirken: entweder verkannt und verhöhnt zu werden, oder ihrem

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_019.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)