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Nach dem Tee gingen alle ins Kinderzimmer. Der Vater und die Mädchen setzten sich an den Tisch und machten sich wieder an die Arbeit, die durch die Ankunft der Jungen unterbrochen worden war. Sie fertigten aus Buntpapier Blumen und Fransen für den Weihnachtsbaum an. Die Arbeit war interessant, und es ging dabei recht laut zu. Die Mädchen begrüßten jede neu angefertigte Blume mit begeisterten Schreien, selbst mit Rufen des Entsetzens, als wäre die Blume vom Himmel gefallen; auch der Herr Papa geriet oft in Begeisterung und warf mitunter seine Schere zu Boden aus Aerger, daß sie stumpf sei. Die Mama stürzte ab und zu mit besorgtem Gesicht ins Kinderzimmer und fragte:

„Wer hat meine Schere genommen? Iwan Nikolajitsch, hast du wieder meine Schere genommen?“

„Du lieber Gott, selbst die Schere gönnt man einem nicht!“ antwortete Iwan Nikolajitsch mit weinerlicher Stimme. Er warf sich in die Stuhllehne zurück und nahm die Pose eines schwer gekränkten Menschen an; aber nach einer Minute war er schon wieder in heller Begeisterung.

Bei seinen früheren Besuchen pflegte sich Wolodja an allen diesen Vorbereitungen zu beteiligen oder in den Hof zu laufen, um zuzusehen, wie der Kutscher und der Hirt den Schneeberg zum Rodeln machten; jetzt aber schenkte er, ebenso wie Tschetschewizyn dem Buntpapier nicht die geringste Beachtung; sie gingen sogar kein einziges Mal in den Pferdestall, sondern setzten sich gleich ans Fenster und begannen zu tuscheln. Dann schlugen sie einen Geographieatlas auf und vertieften sich in die Betrachtung einer Karte.

„Zuerst nach Perm…“ sagte leise Tschetschewizyn: „Von dort nach Tjumen… dann nach Tomsk… dann… dann… nach Kamtschatka… Von dort bringen uns die

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Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. München: Musarion, 1920, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/012&oldid=- (Version vom 31.7.2018)