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selbst nicht froh, daß der liebe Gott ihm einen so unruhigen Körper gegeben hatte.

„Ach, guten Abend, mein Freund!“ sagte Bjeljajew. „Bist du da? Ich hatte dich gar nicht bemerkt. Geht es der Mama gut?“

Aljoscha, der mit der rechten Hand die linke Fußspitze ergriffen und die unnatürlichste Pose angenommen hatte, drehte sich um, sprang auf und blickte hinter dem großen, üppigen Lampenschirm Bjeljajew an.

„Was soll ich Ihnen sagen?“ begann er achselzuckend. „Der Mama geht es eigentlich niemals gut. Sie ist eine Frau, und den Frauen tut doch immer etwas weh.“

Bjeljajew begann, um sich die Zeit zu vertreiben, Aljoschas Gesicht zu betrachten. Solange er bei Olga Iwanowna verkehrte, hatte er dem Jungen niemals Beachtung geschenkt und seine Existenz förmlich übersehen: da steht so ein Junge herum, doch wozu er da ist und welche Rolle er hier spielt, – daran wollte er nicht einmal denken.

Das in der Abenddämmerung ungewöhnlich bleiche Gesicht Aljoschas mit den schwarzen Augen, die niemals zu zwinkern schienen, erinnerte Bjeljajew an Olga Iwanowna, wie sie auf den ersten Seiten des Romans gewesen war. Und er fühlte das Verlangen, lieb zu dem Jungen zu sein.

„Komm mal her, Kleiner!“ sagte er ihm. „Ich will dich mal näher anschauen.“

Der Junge sprang vom Sofa und lief zu Bjeljajew heran.

„Nun?“ begann Nikolai Iljitsch, die Hand auf seine schmächtige Schulter legend. „Wie geht’s?“

„Was soll ich Ihnen sagen? Früher ging es viel besser.“

„Wieso?“

„Sehr einfach! Früher bekamen wir, ich und Ssonja, nur

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Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. München: Musarion, 1920, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/022&oldid=- (Version vom 31.7.2018)