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statt 77. Und dem entspricht auch die überall bestätigte Tatsache, daß die Schwerkraft bei großen Gebirgen nicht in dem zu erwartenden Maße von ihrem normalen Werte abweicht, so daß die Gebirgsmassive durch unterirdische Massendefekte irgendwelcher Art kompensiert erscheinen, wie die Arbeiten von Airy, Faye, Helmert u. a. zeigten, und wie es von Kossmat in einem sehr lichtvollen Referat [38] ausgeführt wurde. Und auch auf den Ozeanen hat es sich gezeigt, daß die Schwerkraft ungefähr ihren Normalwert besitzt, trotz des sichtbaren großen Massendefekts, den die Ozeanbecken darstellen. Die früheren Messungen auf Inseln ließen zwar noch verschiedenartige Deutungen zu. Aber die Zweifel wurden beseitigt, als Hecker, einem Vorschlag von Mohn folgend, auch an Bord des fahrenden Schiffes Schweremessungen durch gleichzeitige Ablesungen am Quecksilberbarometer und am Siedethermometer ausführte; vor kurzem ist es dem holländischen Geodäten Vening Meinesz sogar gelungen [39], die viel genauere Pendelmethode für Messungen im Unterseeboot brauchbar zu machen, und die Ergebnisse der ersten auf diese Weise ausgeführten Fahrten bestätigen vollauf Heckers Ergebnis, daß in großen Zügen auch auf den Ozeanen Isostasie herrscht, also der in den Tiefseebecken in Erscheinung tretende Massendefekt durch einen unterirdischen Massenüberschuß irgendwelcher Art kompensiert wird.

     Über die Art, wie man sich diese unterirdischen Massenüberschüsse und Defizite zu denken hat, sind im Laufe der Zeit verschiedene Vermutungen angestellt.

     Pratt dachte sich die Erdrinde etwa wie eine Teigmasse, die ursprünglich überall gleich dick, in den Kontinenten durch irgend eine Art der Auflockerung emporgewachsen und in den ozeanischen Gebieten zusammengepreßt ist. Je größer die Seehöhe der Oberfläche, um so geringer sei die Dichte oder das spezifische Gewicht der Erdrinde. Unterhalb der sogenannten Ausgleichstiefe (in etwa 120 km Tiefe) seien aber alle horizontalen Dichteunterschiede verschwunden (vgl. Abb. 10). Diese Vorstellung wurde von Helmert und Hayford weiter ausgebaut und allgemein zur Beurteilung der Schwerkraftbeobachtungen verwendet. Sie wird gegenwärtig insbesondere von W. Bowie [224] vertreten, der sich folgenden Experiments zur Erläuterung bedient: Er läßt auf Quecksilber eine Anzahl Prismen schwimmen, die aus verschiedenen Materialien, Kupfer, Eisen, Zink, Pyrit u. a., mit verschiedenem spezifischen Gewicht bestehen. Die Prismen müssen gerade solche Höhen besitzen,

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_040.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)