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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke

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Einleitung des Herausgebers.

Schon in frühester Jugend hatte Hauff manche schöne Probe seines Erzählerdranges und -Talentes gegeben, wenn er seinen Schwestern und ihren Freundinnen oder dann den Kindern befreundeter Familien soeben Gelesenes oder Gehörtes in selbständiger Fassung und Ausschmückung vortrug. Dieses früh gebildete und geübte Spiel seiner Phantasie und seiner Darstellungsgabe ist ihm später trefflich zu statten gekommen, vielleicht aber nirgends reiner und unmittelbarer zu Tage getreten als in seinen Märchen. Wie einst die Geschwister, so waren jetzt seine Zöglinge die Zuhörer in den Erzählungsstunden, an denen wohl auch zuweilen die Gattin seines Gönners, die Baronin von Hügel, teilnahm und ihn ermunterte, die anmutigen, heiteren Geschichtchen niederzuschreiben.

So entstand der erste „Märchenalmanach für das Jahr 1826“, der Anfang November 1825 in Stuttgart erschien und mit seiner lieblichen Einleitung aus dem Reiche „der Königin Phantasie“ sich rasch die Liebe der Kinder wie der Erwachsenen eroberte und von der Kritik mit Beifall begrüßt wurde.

„Bei der Sündflut elender Kinderschriften, von deren Titeln die Meßkataloge wimmeln“, schreibt z. B. am 28. Dezember 1825 das „Litterarische Konversationsblatt“ in Nr. 297, „ist es sehr erfreulich, einmal auf ein Talent zu treffen, das dem Berufe, die Kleinen harmlos und doch nicht geistlos zu unterhalten, wirklich gewachsen ist. Ein solches bekundet der Verfasser vorliegender Schrift, dessen Namen wir zum ersten Male lesen[1], der aber in diesem ersten Versuche eine bewegliche, wenn auch nicht gerade tiefe Phantasie, sehr viel Gewandtheit in der Darstellung, leichten Humor und eine ausgezeichnete Gabe anmutiger und


  1. Die vorher veröffentlichten Schriften Hauffs waren nicht unter seinem Namen, sondern die „Memoiren des Satan“ anonym und „Der Mann im Monde“ unter dem Pseudonym „H. Clauren“ erschienen.
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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 60–61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_2_032.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)