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sitt in ander lender hernach erwachsen, das beischlaffen uf glauben[1], in Sachsen und dann in Niderland an etlichen orten, welches doch wider alle vernunft ist, auch vil huren und dorechter weiber gemacht hat. Man sagt ain guten schwank

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von aim edelman in Niderlanden oder Westphalen, ain Horst, dem ist auch ain solliche ehr mit ainer jungfrawen angethon und uf glauben zugelegt worden. Als im nur nachs die keuz anfahen steigen, do hat er die jungfrawen anfahen zu begreifen und mit ir zu sprachen. Sie hats alles

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von ime gelitten und vergut gehapt, one das er ir nit underhalb der gürtel oder weiche greif. Nun parlamentirt er lang mit ir, vermaint, sie zu bereden, aber sie war ganz standthaft und sagt im mit kurzen worten, er sollt darvon sten, dann sie würde im underhalb der gürtel nichts verwilligen.

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In dem causirn so erwacht ain quidam, ain Saxenkerle, der nachts voller bier ongeferd in der cammer sich hett uf ain bett gelegt und von dem dise zwai nichts wusten. Wie nur der ain gute weil inen zugehert, kunt er in die harr lenger nit schwügen und spricht überlaut: »Lief jouker, ihi sei ain

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geck, ihi sollen der joufer den girtel under die knie heraff spannen«, und damit vom bett uf, der cammerthür zu und darvon; ließ sie ires gefallens des kaufs ains werden. *

In disem capitel wurt vermeldet, was grave Gotfrid Wernher in dem schloß zue Mösskirch hat gebawen.
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Es ist hieoben gehört worden, das graf Gotfridt Wernher in der hennenbergischen capitulation den schwägern bewilliget, seiner gemahl ein newes gemach und betheusle im schloß zu Mösskirch zue bawen, wiewol sollichs ein beihandl, in die vertragsbrief nit kommen ist. Also da graf

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Gotfridt Wernher mit aller haushaltung wider geen Mösskirch zoge und die grefin, sein gemahl, auch wider von Hechingen kam, do fieng der grave den baw an zu berathschlagen. Es vermainten vil, er solte gegen dem wasser und do aller lust und das schönest ußsehen wer, bawen.

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Aber es hetten die graffen von Werdenberg, in der weil


  1. beischlaffen uf glauben] s. darüber Weinhold, Die deutschen Frauen in dem Mittelalter s. 393, und Scherr, Deutsche Kultur- und Sittengeschichte s. 97; vgl. auch Liebrecht, Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte, N. Folge I, 371 ff; WS: zusätzlich in Ausgabe 1932: vgl. ferner Gervas. V. Tilbury ed. Liebrecht, s.101 f. Zu dieser auch für außereuropäische länder bezeugten sitte Liebrecht, Heidelberger Jahrbücher 1863, s. 585 und Marco Polo ed. Thom. Wright, London 1854, s.110. 258.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_148.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)