Seite:Der Fürst (Machiavelli Regis) 056.jpg

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vermeidet, die Menschen getrost, und sich durch Gutesthun geneigt zu machen. Wer anders handelt, aus Furchtsamkeit oder aus Mangel an guten Rath, muß immer das Messer in Händen halten, und kann sich auf seine Unterthanen niemals verlassen; weil sie auch seiner sich, wegen der immerwährenden und frischen Beleidigungen, nicht getrösten können. Es müssen daher die Beleidigungen alle auf einmal erwiesen werden, damit sie, je minder von ihnen ein Geschmack nachbleibt, um desto weniger verletzen. Die Wohlthaten müssen nach und nach erwiesen werden, damit der Geschmack von ihnen besser übrig bleibe; und muß ein Fürst vor allem so mit seinen Unterthanen leben, daß ihn kein Zufall in Bösem noch Gutem zu einer Veränderung nöthigen kann; weil, wenn mit der schlimmen Zeit Nöthigung eintritt, du für das Böse schon zu spät kommst, und was du Gutes thust, dir nichts hilft, weil man es für erzwungen hält, und dir kein Mensch dafür einen Dank weiß.


Neuntes Kapitel.
Vom bürgerlichen Fürstenthum.

Kommen wir aber zur andern Art, wenn ein städtischer Fürst nicht durch Frevel, noch sonst unerträgliche Gewaltsamkeiten, sondern durch Gunst seiner Nebenbürger Fürst seines Vaterlandes wird, (was bürgerliches Fürstenthum genannt werden kann, und zu dessen Erwerbung weder lauter Tugend noch lauter Glück, sondern vielmehr eine glückliche Schlauheit erforderlich ist), – so sage ich: daß man zu diesem Fürstenthum entweder mit Gunst des Volkes, oder mit Gunst der Großen sich emporschwingt; da sich in einer jeden Stadt diese beiden verschiedenen Stimmungen finden, und daher

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Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_056.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)