Seite:Der Fürst (Machiavelli Regis) 059.jpg

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zu werden. Wer aber dem Volke zuwider, durch Gunst der Großen Fürst wird, muß vor allem das Volk sich zu gewinnen suchen; welches ihm leicht gelingen wird, wenn er nur dessen Schutz übernimmt. Und weil die Menschen, wenn sie Gutes von Einem, zu dem sie sich Böses versahen, erhalten, sich nur um so mehr an ihren Wohlthäter anschließen, wird das Volk ihm bald geneigter seyn, als wenn er selbst durch dessen Gunst zum Fürstenthume den Weg gefunden hätte. Und auf vielerlei Arten kann sich der Fürst das Volk gewinnen, über welche, da sie sich nach den Fällen ändern, es keine feste Regel giebt, und darum unerörtert bleiben. Nur so viel will ich schließen: ein Fürst muß nothwendig das Volk zum Freunde haben, sonst hat er im Unglück keine Hülfe. Nabis, der Spartaner-Fürst, hielt die Belagerung aller Griechen und eines höchst siegreichen Römerheers aus, vertheidigte gegen diese sein Land und seine Herrschaft, und war ihm genug, als die Gefahr auf ihn hereinbrach, sich einiger Wenigen zu versichern. Hätte er das Volk zum Feinde gehabt, so wär’ ihm dieß nicht genug gewesen. Und diese Meinung wolle niemand mit dem gemeinen Sprichwort bestreiten: „wer auf das Volk baut, baut auf Sand;“ denn dieß ist wahr, wenn ein Privatmann darauf sich stützt und der Hoffnung lebt, daß ihn das Volk, wenn er von Feinden oder von Obrigkeiten bedrängt wär’, erlösen werde: in diesem Fall könnte er öfters sich getäuscht sehen, so wie es in Rom den Gracchen erging und in Florenz Herrn Giorgio Scali. Ist es aber ein Fürst, der sich darauf verläßt, der befehlen kann, ein Mann, der Herz hat, in der Noth nicht verzagt, auch sonstige Vorkehrungen nicht verabsäumt und das Ganze durch seinen Muth und seine Beschlüsse mit ermuthigt, so wird er sich nie von ihm

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Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_059.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)