Seite:Der Fürst (Machiavelli Regis) 062.jpg

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in ihrer Nähe, weil sie dermaßen befestigt sind, daß Jedem die Erstürmung derselben langweilig und beschwerlich scheint; indem sie alle die nöthigen Gräben und Mauern, genugsames Geschütz, und in den Gemeine-Speichern zu trinken, zu essen, zu brennen auf ein Jahr lang immer haben. Und überdieß, um das gemeine Volk ernähren zu können, und ohne Verlust der Stadt, haben sie immer in Commun auf ein Jahrlang Arbeit für sie in Vorrath, womit sie sie in denen Gewerben beschäftigen können, welche der Nerve dieser Städte und das Leben ihrer Betriebsamkeit sind, die das Volk nährt. Auch die Kriegesübungen stehen bei ihnen in Ehren, und sie halten darüber durch vielerlei Verordnungen. Ein Fürst also, der seine Stadt gehörig fest, und sich nicht verhaßt macht, kann nicht befehdet werden, und wenn ihn Einer ja schon befehdete, würde er mit Schmach wieder abziehen müssen, weil in der Welt so vieles vorfällt, daß es beinahe unmöglich ist, daß Einer mit den Truppen ein Jahrlang ihm müssig gegenüber stehen sollte. Wer aber spräche: wenn das Volk seine Besitzungen draussen hat und sie verbrennen sieht, werde es die Geduld verlieren, und über der langen Belagerung und aus Eigenliebe den Fürsten vergessen, dem erwidere ich: daß ein muthiger und ein kräftiger Fürst alle solche Schwierigkeiten immer überwinden wird, indem er bald den Unterthanen Hoffnung macht, daß das Übel nicht lange dauern werde, bald Furcht vor des Feindes Grausamkeit, bald mit Geschick sich Derer versichert, die ihm zu vorlaut scheinen. Überdieß muß der Feind ihr Land vernünftiger Weise sogleich bei seiner Ankunft sengen und brennen, und zu der Zeit, da die Gemüther der Menschen noch zur Vertheidigung hitzig und eifrig sind; und um so minder braucht der Fürst in Sorge

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Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_062.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)